Nikolaus 2005 hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine bis heute wichtige Entscheidung auf dem Gebiet der Krankenversicherung getroffen und die Rechte von lebensbedrohlich Erkrankten gestärkt. Ein Rückblick.
Der im Juli 1987 geborene Beschwerdeführer war im streitgegenständlichen Zeitraum von 1992 bis 1994 in der Barmer Ersatzkasse als Familienangehöriger versichert. Er litt an der Duchenne'schen Muskeldystrophie. Es handelt sich dabei um eine so genannte progressive Muskeldystrophie. Darunter werden Muskelerkrankungen zusammengefasst, die durch einen pathologischen Umbau des Gewebes mit erheblichen Funktionsstörungen gekennzeichnet sind. Die Erkrankung hat meist eine deutlich verkürzte Lebenserwartung zur Folge. Seit September 1992 befand er sich in Behandlung bei einem Facharzt für Allgemeinmedizin, der über keine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung verfügte. Bei dieser Behandlung, die beim Kläger objektiv und subjektiv erfolgreiche Auswirkungen auf seinen Gesundheitszustand hatte, wurden neben Thymuspeptiden, Zytoplasma und homöopathischen Mitteln hochfrequente Schwingungen (die sogenannte "Bioresonanztherapie") angewandt. Der Antrag auf Übernahme der Kosten hierfür wurde von der zuständigen Krankenkasse abgelehnt. Verwiesen wurde darauf, dass ein Therapieerfolg aufgrund des Stands der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht nachgewiesen wäre.
Im Kern ging es daher um die Frage, ob die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, die damals gegolten haben, geeignet waren, den Leistungsanspruch des Versicherten zu definieren. Das hat letztinstanzlich das Bundesverfassungsgericht nach Jahren des Rechtsstreits für diesen Fall verneint. Dabei hat es ausgesprochen, dass es mit den Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG nicht vereinbar sei, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer selbst gewählten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf zumindest eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung in eindrucksvoller Weise herausgearbeitet, wie wertvoll das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Würde des einzelnen Erkrankten ist. Es sollte jedoch auch in Zukunft verstärkt darauf geachtet werden, dass dieser Entscheidung das entsprechende Gewicht beigemessen wird, indem sie von den Entscheidungsträgern der Krankenkassen ohne Zögern zu Gunsten der Betroffenen beachtet wird.
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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 6.12.2005.
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Veröffentlicht am
06.12.2011
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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