Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat in einem aktuellen Fall entschieden, dass eine Vereinbarung, nach der ein Hartz 4-Empfänger mit seiner Bank vereinbart, eine Geldsumme auf einen Sperrkonto zu verwalten, ohne dass darauf sofortiger Zugriff besteht, unter gewissen Voraussetzungen nichtig ist.

Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks mit dazugehörigem Einfamilienhaus. Sie verfügten über einen nicht abgetretenen Bausparvertrag in Höhe von 20.665,33 Euro. Dieser wurde ufgelöst und ausbezahlt. Daraufhin entschlossen sich die Kläger in Übereinkunft mit der Bank, dieses Geld in einem festen, für einen fixen Zeitraum nicht antastbaren Depot anzulegen. Der Betrag sollte später zur Tilgung von Schulden bei dieser Bank zur Verfügung stehen.

Nach § 138 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Die Frage, ob ein Rechtsgeschäft dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht und damit die Grenzen der durch die Privatautonomie an sich gewährten Vertragsfreiheit verletzt und deshalb gegen die guten Sitten verstößt, beantwortet sich nach einer Gesamtwürdigung des Rechtsgeschäfts, die sich an dessen Inhalt, Beweggrund und Zweck zu orientieren hat. Allgemein anerkannt ist nach Meinung des Gerichts jedenfalls, dass Rechtsgeschäfte, die nach Inhalt, Zweck und Beweggrund darauf abzielen, trotz eigenen Vermögens oder eigener Einkunftsmöglichkeiten zu Ansprüchen auf Sozialhilfe zu gelangen, grundsätzlich als sittenwidrig einzustufen sind.

Im vorliegenden Fall hat das Gericht sodann ein kollusives Zusammenwirken zwischen dem Kläger und der Bank angenommen. Gestützt hat es diese Ansicht vor allem darauf, dass der Bank die monatlichen Hartz 4-Leistungen des Klägers ebenso bekannt war wie die mögliche Notwendigkeit, das Geld für die Vermeidung von Sozialleistungen einzusetzen, da sie hierzu diverse Anfragen des Klägers erhalten hatte. Auch wurde die vertragliche Abrede mit der Bank auch erst nach der Aufforderung zur Vermögenseinsetzung durch die Behörde getroffen. Dies hat dem Gericht genügt.

Insoweit ist der Vertrag nichtig, sodass die Kläger sehr wohl auf das Geld zugreifen können und es somit auch gegenüber dem Sozialleistungsträger einzusetzen haben.

Anmerkung: Sollten Sie bereits weit im Voraus Geld fest angelegt haben und werden später hilfebedürftig, ist ein Rückgriff grundsätzlich nicht möglich. Kontaktieren Sie mich insoweit gerne!

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 27.09.2011.


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Veröffentlicht am

20.10.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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