Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat in einem aktuellen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden, dass der Umzug in eine größere Wohnung mit der Möglichkeit eines eigenen Zimmers jedenfalls dann als erforderlich angesehen werden muss, wenn zwei Geschwister unterschiedlichen Geschlechts ansonsten in einem gemeinsamen 9 m²-Zimmer leben müssten.

Die Antragstellerin lebt mit ihren sechs und acht Jahre alten Kindern einem einer knapp 60 m² großen Wohnung, in der sich die Kinder ein 9 m² großes Zimmer teilen und die Mutter ein weiteres Zimmer als Schlafzimmer nutzt. Darüber hinaus gibt es ein kleines gemeinsames Wohnzimmer sowie Küche und Bad. Die gesamte Wohnung ist schlecht beheizt, die Nutzung von Heizlüftern ersetzt die defekte Heizung, teilweise hat sich sogar schon Schimmel gebildet.

Nunmehr begehrte die Antragstellerin die Übernahme der Kosten für eine 3-Zimmerwohnung von 76,5 m² mit einer Kaltmiete von 420 Euro in der Nähe des nunmehr einzuschulenden Kindes. Die Kinder könnten in der neuen Wohnung jeweils ein eigenes Zimmer erhalten, die Mutter würde das Wohnzimmer gleichzeitig mit einer Schlafcouch als Schlafzimmer nutzen können. Darüber hinaus wäre der Schulweg der Kinder enorm verkürzt, was für alle Beteiligten nur Vorteile bringen würde.

Nach § 22 Absatz 4 Sozialgesetzbuch 2 soll vor Abschluss eines Vertrags über eine neue Unterkunft die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Hier hat jedoch der Träger eine Notwendigkeit für einen Umzug verneint, woraufhin die Antragstellerin in zweiter Instanz vor dem Landessozialgericht erfolgreich war. Ihr Antrag hatte Erfolg.

Der begehrten Zusicherung stehe nach Aussage des Gerichts insbesondere nicht entgegen, dass der Umzug nicht erforderlich wäre. Für die Annahme der Erforderlichkeit eines Umzugs muss zunächst ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegen, von dem sich auch ein Nichthilfeempfänger leiten lassen würde. Dieser liege hier vor. Die Unterbringung von zwei Schulkindern verschiedenen Geschlechts in einem Zimmer mit einer Größe von 9 m² hält der Senat nicht für zumutbar. Darüber hinaus müsse den gesundheitsgefährdenden Beheizungsmängel Rechnung getragen werden, sodass in einer Gesamtschau ein Umzug erforderlich und angemessen erscheint.

Die Entscheidung zeigt deutlich, dass Behördenentscheidungen in diesem Zusammenhang mitunter nur schwerlich nachvollziehen sind. Sollten Sie selbst Betroffene/r einer solchen negativen Entscheidungs ein, wenden Sie sich bitte umgehend an mich.

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.08.2011.


Kommentare


Seien Sie die erste Person, die einen Kommentar zu diesem Artikel abgibt.


Kommentar schreiben

Veröffentlicht am

11.09.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

Hinweis

Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

Urheber

© Rechtsanwalt Köper (Gilt nicht für gekennzeichnete Pressemitteilungen, Medieninformationen und Gerichtsentscheidungen)

Downloads