Das Sozialgericht Speyer hat entschieden, dass auch Schülerinnen und Schüler von Ganztagsschulen grundsätzlich einen Anspruch auf eine ergänzende angemessene Lernförderung im Sinne von § 28 Sozialgesetzbuch 2 haben können, soweit diese zusätzlich geeignet und erforderlich ist, um die Lernziele der jeweiligen Klassenstufe erfüllen zu können.

Die Klägerin besucht die 6. Klasse einer Ganztagsschule und hat ausweislich ihres Zeugnisses erhebliche Probleme in den Fächern Deutsch, Mathematik und Englisch. Für diese Fäche bescheinigte die Schule einer erhöhten außerschulischen Lernförderbedarf. Diese könne durch Nachhilfe abgedeckt werden, da die fehlenden Kenntnisse nicht vom Unterricht alleine aufgefangen werden könnten.

Das Jobcenter lehnte einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine entsprechende Lernförderung mit der Begründung ab, es widerspreche dem Bildungs- und Teilhabepaket einer Ganztagsschule, dass über den schulischen Rahmen hinaus Lernförderung überhaupt notwendig sein könne. Auch die anzuwendenden Verwaltungsvorschriften ließen eine solche Übernahme nicht zu.

Zwar hat das Gericht im Einzelfall die beantragte einstweilige Anordnung nicht erlassen, da die Erfolgsaussichten der Lernförderung aufgrund des mangelhaften Leistungsstands der Schülerin nicht gegeben waren, dennoch hat es grundsätzlich folgendes ausgeführt:

Die Begründung des Jobcenters stehe nicht in Einklang mit den maßgeblichen rechtlichen Vorschriften des Sozialgesetzbuch 2. Nach § 28 Absatz 5 Sozialgesetzbuch 2 werde ein entsprechender Bedarf berücksichtigt, soweit die Lernförderung geeigent und erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen zu erreichenden Lernziele erfüllen zu können. Diese Regelung berücksichtige nach der Gesetzesbegründung auch außerschulischen Lernbedarf zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Lernziel ist in der Regel, einen Kenntnisstand zu erreichen, der die Versetzung in die nächsthöhere Klassenstufe ermöglicht. Zwar sei insoweit davon auszugehen, dass in einer Ganztagsschule gegenüber konventionellen Schulen ein erhöhtes Förderangebot besteht. Genügt dieses aber nachweislich nicht, so besteht ein Anspruch gegen das Jobcenter auf Übernahme der Kosten.

Sozialgericht Speyer, Beschluss vom 27.03.2012.


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Veröffentlicht am

11.06.2012

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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