Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass bei einer im 'Hartz 4'-Bezug angefallenen Erbschaft erst die notwendigen Ausgaben abzuziehen sind, insbesondere Beerdigungskosten. Anschließend ist das Erbe auf 6 Monate zu verteilen. Bleibt dann noch etwas übrig, gilt dies innerhalb der Freibeträge als (Schon-) Vermögen.

Frau und Kind am Grab

In dem entschiedenen Fall hatte ein Arbeitsloser von seinen Eltern aus zwei Lebensversicherungen insgesamt 3.747,44 Euro ausbezahlt bekommen sowie ein Hausgrundstück geerbt. Bei dessen Verkauf erzielte er einen Verkaufserlös von 15.000 Euro. Dabei fiel eine Maklerprovision in Höhe von 1.500 Euro an, außerdem Kosten für das Grundbuchamt i.H.v. 52 Euro an. Auch die Beerdigungskosten der Eltern i.H.v. 3.467,30 Euro bezahlte der Erbe.

Das Jobcenter stellte daraufhin die Leistungen ein.

Das Landessozialgericht stellte klar, dass dass um die notwendigen Ausgaben reduzierte Erbe ab dem Monat des Zuflusses nach § 11 Absatz 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch 2 über einen "Verteilzeitraum" von 6 Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich als Einkommen anzurechnen ist. Im entschiedenen Fall wurde von einem "Rest-Erbe" von 13.448 Euro ausgegangen. Durch 6 Monate geteilt ergab sich daraus ein Einkommen i.H.v. 2.211,33 Euro, dass 6 Monate lang angerechnet wurde mit der Folge, dass in dieser Zeit kein Arbeitslosengeld II mehr zustand. Sollten nach Ablauf des 6-monatigen Verteilzeitraums noch Geld übrig sein, sei dies als Vermögen zu berücksichtigen, ggf. als Schonvermögen, soweit es unterhalb der gesetzlichen Freibeträge nach § 12 Sozialgesetzbuch 2 liegt.

Da in dem entschiedenen Fall das nach 6 Monaten noch verbliebene Geld jedenfalls unterhalb des Grundfreibetrags von 8.250 Euro gelegen habe, wurde das Jobcenter für die Zeit nach Ablauf von 6 Monaten vom Gericht zur vorläufigen Zahlung verpflichtet.

Wenn Sie im Falle eines Erbes Unterstützung gegenüber dem Jobcenter benötigen, kontaktieren Sie mich gerne.


Kommentare

Rechtsanwalt David A. KöperRA Köper
13.03.2019, 14:23 Uhr

NACHTRAG: Das Landessozialgericht Hamburg hat eine weitere, für 'Hartz 4"-Leistungsbezieher wichtige Entscheidung zur Frage der Anrechnung einer Erbschaft getroffen:

Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 22. Februar 2018 – L 4 AS 194/17: Bezieht der Erbe zum Zeitpunkt des Erbfalles [Anmk: Todesdatum des Erblassers] Leistungen nach dem SGB II, fließen ihm die Mittel aus der Erbschaft aber erst nach einer Unterbrechung der Hilfebedürftigkeit während eines erneuten Leistungsbezuges zu, so ist der aus der Erbschaft zufließende Betrag nicht als Einkommen, sondern als Vermögen anzusehen. Es gelten mithin die Freibeträge nach § 12 Abs 2 SGB II.

Diese Entscheidung wurde vom Bundessozialgericht bestätigt:

BSG, Urteil vom 08. Mai 2019 – B 14 AS 15/18 R: Endet aufgrund Beendigung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Kalendermonat der Leistungsfall zwischen Erbfall und Zufluss bereiter Mittel aus der Erbschaft, ist der Zufluss Vermögen, nicht Einkommen.

Tom
04.04.2022, 14:04 Uhr

In einer sehr wichtigen Angelegenheit (6 oder 12 Monatige Sperre wegen kl. Erbschaft) wurde ich eines Tages von einer mir Unbekannten Nummer (evtl Homeoffice einer Jobcentermitarbeiterin ODER gefakte Nummer des Jobcenters) angerufen und in rasend schneller Art & Weise über weitere Vorgänge seitens des JC informiert...Es ging ratatatat...Leider habe ich nur die Hälfte begreifen können. Eine Beschwerde wurde "abgebügelt" und einer Bitte um einen schriftlichen Bescheid wurde nur in allgemeiner Art nachgekommen. Mir ist klar das jemand der eine kleine Erbschaft macht, ersteinmal das ganze Geld verbrauchen muss bevor er wieder Leistungen bekommt....Aber wielange die 100% Sperre läuft (die Höhe der Erbschaft ist dem JC bekannt, das ich es freiwillig meldete) wurde mir nicht bekanntgegeben....So kommt zu der Trauer noch die Ungewissheit WIE lange die 100% Sperre andauern wird....

Rechtsanwalt David A. KöperRA Köper
04.04.2022, 14:32 Uhr

Vielen Dank für Ihren Beitrag. Wie Sie oben sehen können, ist nach § 11 Absatz 3 Satz 4 Sozialgesetzbuch 2 das Erbe, wenn es höher ist, als der Betrag, den Sie bisher monatlich vom Jobcenter erhalten, "auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen."

Ist nach Ablauf des Verteilzeitraums von 6 Monaten immer noch Geld übrig, können Sie dennoch einen neuen Antrag auf Leistungen vom Jobcenter stellen, wenn der Restbetrag unterhalb der für Sie individuell zu errechnenden Schonvermögensgrenze liegt, siehe § 12 Sozialgesetzbuch 2. TIPP: Im Internet finden Sie "Hartz-4 Schonvermögensrechner".

Die "Sperre" wegen des Erbes greift nach der Rechtsprechung des Bundessozialgericht auch erst dann, "wenn die Einnahme dem Hilfebedürftigen tatsächlich zur Deckung seines Bedarfs zur Verfügung steht. Dies ist bei der Gesamtrechtsnachfolge im Rahmen einer Erbschaft regelmäßig erst mit der Auskehrung des Auseinandersetzungsguthabens der Fall. Entscheidend ist insoweit der tatsächliche Zufluss bereiter Mittel" (BSG, Urteil vom 08. Mai 2019 – B 14 AS 15/18 R). Gelegentlich stellen die Jobcenter voreilig die Zahlungen ein, wenn sie von einem Erbe hören und zwar auch dann, wenn noch gar kein Geld geflossen ist, z.B. wenn mehrere Erben vorhanden sind. Das wäre falsch, das Jobcenter hat dann ggf. weiterhin Leistungen als Darlehen zu gewähren, bis das Erbe (z.B. ein Haus) verwertet und ggf. unter den Erben aufgeteilt wurde und der Betrag aus dem Erbe tatsächlich zur Verfügung steht.

Erhält man einen voreiligen Einstellungsbescheid vom Jobcenter, sollte man (per Einschreiben mit Unterschrift) Widerspruch einlegen und darauf hinweisen, dass noch kein Geld geflossen, bzw. verfügbar ist. Ein einfaches Muster für einen Widerspruch finden Sie rechts auf dieser Seite oder unter oben "Downloads". Ich hoffe, Ihnen etwas geholfen zu haben und wünsche Ihnen alles Gute. MfG RA Köper


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Veröffentlicht am

03.03.2016

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

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