Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden, dass einer rumänischen Familie, die nach Deutschland eingereist ist, Hartz 4-Leistungen zustehen.

Grundsätzlich erhalten erwerbsfähige, hilfebedürftige Personen, die ihr 15. Lebensjahr vollendet haben und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, die sog. Hartz 4-Leistung nach dem Sozialgesetzbuch 2. Diese können jedoch auch ausgeschlossen sein. Dies betrifft insoweit insbesondere Ausländerinnen und Ausländer, wenn sie nicht einer beruflichen Tätigkeit nachgehen oder wenn sie bereits Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten (§ 7 Absatz 1 Satz 2).

Es bestehen jedoch erhebliche rechtliche Zweifel, inwieweit dieser Ausschluss auch für EU-Ausländer gilt, die im Rahmen der Freizügigkeitsregelungen der EU nach Deutschland gekommen sind und hier bisweilen weder beschäftigt noch selbstständig tätig sind. Das nunmehr angerufene Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat im Falle einer vierköpfigen Familie aus Rumänien entschieden, dass erhebliche europarechtliche Bedenken hinsichtlich des Ausschlusses von EU-Ausländern aus dem Leistungsbezug des Sozialgesetzbuchs 2 bestehen. Schon fraglich ist, inwieweit diese Regelung auf eine EU-Richtlinie zurückgeht, die möglicherweise einen solchen Ausschluss gar nicht bezwecken wollte. Darüber hinaus könnte sich ein Hilfeanspruch möglicherweise direkt aus dem Unionsrecht ergeben.

Da im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes derartige Zweifel aufgrund der akuten Existenzgefährdung in diesen Bereichen zu Lasten der zuständigen Behörde gehen, hat das Gericht der Familie entsprechende Leistungen zugesprochen. Es ist jedoch noch abzuwarten, ob das Urteil in der Hauptsache zu einem identischen Ergebnis kommt und wie ggf. das Bundessozialgericht oder auch der Europäische Gerichtshof hierüber entscheiden. Bis dahin ist Betroffenen zu raten, im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen geltend zu machen, da eine Abwägung in diesem Zusammenhang stets immer zu ihren Gunsten ausfällt.

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.05.2011.


Kommentare


Seien Sie die erste Person, die einen Kommentar zu diesem Artikel abgibt.


Kommentar schreiben

Veröffentlicht am

10.06.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

Hinweis

Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

Urheber

© Rechtsanwalt Köper (Gilt nicht für gekennzeichnete Pressemitteilungen, Medieninformationen und Gerichtsentscheidungen)

Downloads