Essen. Bezieher der Grundsicherung für Arbeitssuchende ("Hartz-IV") müssen sich die staatliche Abwrackprämie für Altwagen als Einkommen leistungsmindernd auf ihre Hartz-IV-Leistungen anrechnen lassen. Das hat jetzt das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) im vorläufigen Rechtsschutzverfahren eines Hartz-IV-Empfängers aus Bochum entschieden (LSG Essen, Beschlüsse vom 3.7.2009 – Az. L 20 B 59/09 AS ER und L 20 B 66/09 AS).
Nach Ansicht der Essener Richter stellt die Abwrackprämie Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 1 des zweiten Sozialgesetzbuchs (SGB II) dar und ist deshalb bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II leistungsmindernd zu berücksichtigen. Insbesondere falle die Prämie nicht unter die Ausnahmevorschrift des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II (zweckbestimmte Einnahmen). Es sei schon nicht klar, ob die Abwrackprämie, wie es die Vorschrift verlange, nicht zumindest auch der Erfüllung grundlegender Bedarfe und damit demselben Zweck wie Leistungen nach dem SGB II diene. Jedenfalls beeinflusse die Gewährung der Umweltprämie die Lage ihres Empfängers so günstig im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Die Prämie verschaffe dem Leistungsbezieher erhebliche Geldmittel in mehrfacher Höhe einer monatlichen Regelleistung für ein (wenn auch längerlebiges und höherwertiges) Verbrauchsgut und damit für den privaten Konsum. Dem dienten jedoch auch die Grundsicherungsleistungen.
Ebenso wenig sei die Umweltprämie als Ersatz für ein nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II als angemessenes Kraftfahrzeug geschütztes Vermögen anrechnungsfrei gestellt. Der Hilfeempfänger dürfe nur ein vorhandenes, angemessenes Kraftfahrzeug behalten. Das schütze jedoch nicht alle mit der Anschaffung eines neuen Fahrzeuges verbundenen Mittel vor einer Anrechnung.
Nach Ansicht des LSG NRW ist die Umweltprämie auch nicht mit der Eigenheimzulage zu vergleichen, die nicht auf die Leistungen nach dem SGB II angerechnet wird. Denn anders als bei der Anschaffung eines PKW diene die Eigenheimzulage der langfristigen – in der Regel so gut wie lebenslangen – Absicherung des verfassungsrechtlich besonders geschützten Grundbedürfnisses des Wohnens. Damit widersprachen die Essener Richter einem entsprechenden Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg.
Auf eine Gleichbehandlung mit Empfängern der Abwrackprämie. die keine Hartz-IV-Bezieher seien, könne sich der Antragsteller nicht berufen, weil er erhebliche, fürsorgegleiche Leistungen beziehe. Bereits dafür habe die Allgemeinheit über die Entrichtung von Steuern aufzukommen.
Der Beschluss ist rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des Landessozialgerichts Essen vom 15.07.2009
Kommentare
Kommentar schreiben
Veröffentlicht am
20.07.2009
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
Hinweis
Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.
Urheber
© Rechtsanwalt Köper (Gilt nicht für gekennzeichnete Pressemitteilungen, Medieninformationen und Gerichtsentscheidungen)
Seien Sie die erste Person, die einen Kommentar zu diesem Artikel abgibt.