Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat in einem aktuellen Verfahren entschieden, dass einer angelernten Buchhalterin ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gegen den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zusteht.
Die 1949 geborene Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 1. November 2005 bis zum 28. Februar 2009. Für den Zeitraum danach steht ihr ein unstreitiger Anspruch auf Rente wegen Schwerbehinderung zu.
Die Klägerin erlernte den Beruf der Agrarzüchterin in Tschechien, kam später nach Deutschland und arbeitete dort in einer Buchhandlung. Zunächst wurde sie dort als Verkaufshilfe, dann als Kassiererin und zuletzt als Buchhalterin eingesetzt. Die Klägerin wurde nach dem Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer des Buchhandels des Landes Berlin und entsprechenden Folgeverträgen nach der Tarifgruppe G 2 und später G 3 entlohnt.
Die Klägerin hatte vielfache orthopädische und psychosomatische Leiden. Den alsbald gestellten Rentenantrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte nach Beiziehung eines fachmedizinischen Gutachtens ab. Dagegen richteten sich Widerspruch und Klage. Letztere hatte letztlich zweitinstanzlich Erfolg.
Das Gericht bestellte dabei einen Gutachter, der der Klägerin insbesondere ein migränoides Kopfschmerzsyndrom, eine neurotischen Depression, eine vorausgegangene depressiven Anpassungsstörung und eine anhaltende somatoformen Schmerzstörung attestierte. Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit sei, so das Gericht, stets der bisherige Beruf. Dies sei in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste sei. Maßgeblicher Beruf der Klägerin sei insoweit die von ihr zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Mitarbeiterin in der Buchhaltung. Diesen Beruf könne die Klägerin zur Überzeugung des Senats aus medizinischen Gründen nicht mehr ausüben. Es handele sich bei der Tätigkeit einer Mitarbeiterin in der Buchhaltung um eine körperlich leichte, überwiegend im Sitzen zu verrichtete Tätigkeit, die mit geistig mittelschweren und zum Teil schwierigen Aufgaben verbunden sei. Es würden jedoch besondere Anforderungen an Reaktionsvermögen, Aufmerksamkeit und Verantwortungsbewusstsein gestellt. Diese könne die Klägerin nicht mehr erfüllen. Vielmehr sei sie nur noch in der Lage, Arbeiten mit durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsvermögen, Aufmerksamkeit und Übersicht zu verrichten.
Da eine Verweisungstätigkeit nicht benannt wurde, musste die Klage der Klägerin somit Erfolg haben. Im Übrigen wäre eine solche auch nicht denkbar gewesen.
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Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.06.2012.
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Veröffentlicht am
04.09.2012
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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