Das Landessozialgericht Hessen hat im Anschluss an eine Entscheidung des Bundessozialgerichts aus dem vergangenen Jahr entschieden, dass ein Anspruch auf Erstattung von Reisekosten zu einer als ambulante Rehabilitationsleistung erbrachten „Erweiterten Ambulanten Physiotherapie“ (EAP) besteht.

Die Klägerin leidet an einer Fehlbildung beider Kniegelenke, weshalb bei ihr in der Vergangenheit mehrere Operationen durchgeführt werden mussten. Nachfolgend wurde ihr daher „Erweiterte Ambulante Physiotherapie“ (EAP) verordnet. Um diese wahrnehmen zu können, wandte sich die Klägerin an ihre Krankenkasse und beantragte die Übernahme der Transportkosten in das betreffende Zentrum für Rehabilitation, da sie nur mit zwei Gehhilfen gehen könne und folglich auf den Transport mit dem Taxi angewiesen sei. Die Krankenkasse wies darauf hin, dass Fahrkosten zur ambulanten Behandlung grundsätzlich nicht übernommen werden könnten und im Fall der Klägerin auch kein besonderer Ausnahmefall vorliegen würde. Dagegen richten sich der erfolglose durchgeführte Widerspruch und die letztlich erhobene Klage, mit der die Klägerin die Übernahme der Reise- und Transportkoten geltend macht.

Diese Klage hat das Landessozialgericht Hessen für begründet erachtet und ausgeführt, dass der Klägerin ein solcher Anspruch zusteht. Rechtsgrundlage für die Erstattung selbst beschaffter Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ist § 15 Absatz 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch 9, wonach der Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der bestehenden Aufwendungen verpflichtet ist, wenn er eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und sich der Leistungsberechtigte die erforderliche Leistung selbst beschafft hat.

Es müsste also ein Anspruch der Klägerin bestehen, damit dieser als zu Unrecht abgelehnt gelten kann. Dies ist hier der Fall. Er leitet sich her aus § 60 Absatz 5 Sozialgesetzbuch 5 in Verbindung mit § 53 Absatz 1 Sozialgesetzbuch 9. Danach werden als Reisekosten die im Zusammenhang mit der Ausführung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlichen Fahr-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten übernommen. Die geltend gemachten Kosten für die stattgefundenen Fahrten standen im Zusammenhang mit den im Übrigen bewilligten Leistungen der „Erweiterten Ambulanten Physiotherapie“ (EAP) und waren insbesondere auch erforderlich im Hinblick auf die Kosten der Beförderung mit dem Taxi, denn nach § 53 Absatz 1 Sozialgesetzbuch 9 sind die Kosten für besondere Beförderungsmittel, deren Inanspruchnahme wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich ist, ausdrücklich umfasst. Diese Erforderlichkeit war im vorliegenden Fall zu bejahen, da laut eingeholtem medizinischen Gutachten bei der Klägerin beim Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln neben der Beschwerlichkeit der Fortbewegung zudem Erschütterungsschmerzen entstanden wären.

Diesem Ergebnis steht auch ausdrücklich nicht entgegen, dass die Übungsbehandlung im Bewegungsbad nicht ausdrücklich verordnet und daher nicht medizinisch notwendig gewesen sei.

Die Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist rechtskräftig.

Landessozialgericht Hessen, Urteil vom 27.01.2011.


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Veröffentlicht am

20.02.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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