Das Landessozialgericht Hessen hat entschieden, dass eine Rechtsänderung, nach der sich die Fallzahlen eines Arztes reduzieren, keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld begründen kann.
Der Kläger war als Hautarzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und beschäftigte in seiner Arztpraxis, in der kein Betriebsrat existiert, neben einer Putzfrau und einer Buchhaltungskraft zwei weitere Mitarbeiterinnen. Für diese Mitarbeiterinnen kürzte er die wöchentliche Gesamtarbeitszeit und beantragte bei der zuständigen Agentur für Arbeit das sog. Kurzarbeitergeld. Der Arbeitsausfall beruhe nach seinem Dafürhalten darauf, dass seit Jahren eine schleichende Reduzierung der kassenärztlichen Vergütungszeit festzustellen sei. Nach in Kraft treten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes zum 1. Januar 2004 gebe es akut einen massiven Einbruch auch bei den Patientenzahlen, denen er wirtschaftlich begegnen müsse. Insoweit sei von einer wirtschaftlichen Ursache im Sinne von § 170 Sozialgesetzbuch 3, die er durch Statistiken von Patientenzahlen belegte, auszugehen.
Dies wurde von der beklagten Behörde jedoch abgelehnt. Zur Begründung führte sie aus, dass die geforderten Voraussetzungen des § 170 Sozialgesetzbuch 3 nicht erfüllt seien, da der Arbeitsausfall nicht auf wirtschaftlichen Gründen beruhe und zudem nicht nur vorübergehender Natur sei. Hiergegen richten sich die Rechtsbehelfe des Klägers, zuletzt die Berufung vor dem Landessozialgericht Hessen.
Das Gericht hat die Klage jedoch für unbegründet erachtet und ist vollumfassend der Argumentation der Behörde gefolgt. Nach § 170 Absatz 1 Sozialgesetzbuch 3 ist ein Arbeitsausfall erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht (Nr. 1), vorübergehend (Nr. 2) und nicht vermeidbar ist (Nr. 3) und im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als zehn Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen ist, wobei Auszubildende nicht mitzuzählen sind (Nr. 4).
Insbesondere streitentscheidend ist hier § 170 Absatz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 3. Bei den dort genannten wirtschaftlichen Gründen, die als Ursache für einen Arbeitsausfall einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld begründen können, müsse es sich nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessoziagerichts um allgemeine mit der Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage zusammenhängende wirtschaftliche Veränderungen, insbesondere um konjunkturelle und strukturelle Störungen der Gesamtwirtschaftslage handeln. Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Verhältnis der Leistungserbringer zu den Krankenkassen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung, die zu einer Verringerung oder Begrenzung der Vergütung des Leistungserbringers oder zu Auswirkungen auf die Nachfrage für Leistungen der Leistungserbringer führen, stellten jedoch keine solchen wirtschaftlichen Gründe dar. Diese führten vielmehr zu einer dauerhaften Veränderung der Rahmenbedingungen für die Erbringung von Leistungen der gesetzlichen Krankversicherung und seien deshalb nicht mit vorübergehenden konjunkturellen Schwankungen zu vergleichen.
Zudem müss § 170 Absatz 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch 3 als Ausschlussgrund herangezogen werden, wonach eine Vermeidbarkeit zudem insbesondere bejaht werden muss, wenn der Arbeitsausfall überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt ist.
Schon daran scheitert ein solcher Anspruch. Darüber hinaus hätte der Kläger aber auch valide nachweisen müssen, dass tatsächlich die Rechtsänderung zu dem Rückgang der Fallzahlen geführte habe. Aus einem kurzzeitigen Rückgang alleine könne daher nicht auf eine entsprechende Kausalität geschlossen werden.
Die Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist rechtskräftig.
Landessozialgericht Hessen, Urteil vom 28.01.2011.
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Veröffentlicht am
20.03.2011
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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