Eltern, die ihr Kind im Kleinkindalter verlassen, sich nicht mehr um das Kind kümmern und auch später keinen Kontakt mehr suchen, verwirken ihren Elternunterhaltsanspruch.
Die selbstverständliche Verpflichtung, für seine Kinder zu sorgen, erkennt auch das Bürgerliche Gesetzbuch an, ebenso wie die Pflicht der Kinder, erforderlichenfalls im Alter für ihre Eltern zu sorgen (sog. Verwandtenunterhalt in gerader Linie). Hat sich aber ein Elternteil nie ernsthaft um das Kind gekümmert und auch später keinerlei Interesse an dessen weiterem Lebensweg gezeigt, begeht er eine schwere Verfehlung im Sinne des § 1611 Abs. 1 BGB. Die Unterhaltsverpflichtung des (nunmehr erwachsenen) Kindes für den Elternteil entfällt in diesem Fall vollständig. Dies hat das Oberlandesgericht Koblenz bereits im Jahr 2000 festgestellt.
Dem Urteil des OLG Koblenz lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein erwachsener Sohn klagte darauf, vom Gericht feststellen zu lassen, dass er nicht zum Elternunterhalt gegenüber seinem bedürftigen Vater verpflichtet sei (sog. negative Feststellungsklage). Diesen Anspruch machte der Sozialhilfeträger des Vaters aus übergegangenem Recht gegen den Sohn geltend.
Im Laufe des Gerichtsverfahrens bestätigte sich, dass der Vater seine Ehefrau im Jahre 1947 verlassen hatte. Sein Sohn war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 2 Jahre alt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er sich jahrelang nicht bei der Familie meldete und auch seine Unterhaltsverpflicht gegenüber dem Kind verletzte. Für den Zeitraum von fast eineinhalb Jahren stellte er seine Unterhaltszahlungen vollständig ein. Obendrein verschleierte er gegenüber seiner Familie und den Behörden seinen Grundbesitz, um eine Zwangsvollstreckung zur Deckung der Unterhaltskosten zu vermeiden. Alleine aufgrund dieser Tatsache war das Gericht schon der Meinung, dass der Vater sein Kind gröblich vernachlässigt habe und der Sohn von den späteren Unterhaltsforderungen des Sozialhilfeträgers befreit sei.
Weiterhin führte das Gericht aus, dass sich der Vater gegenüber dem Sohn einer schweren Verfehlung schuldig gemacht hat. Seit dem Jahre 1947, in dem er die Familie verlassen hatte, meldete er sich nicht ein einziges Mal aus eigener Initiative mit der Absicht, den Kontakt zum Kind wiederherzustellen. Zwar wurde er vom Sohn zu einigen Familienfeiern eingeladen, jedoch reduzierte sich der Kontakt hiernach wieder auf Null. Das Gericht bewertete dieses Verhalten, welches „einen groben Mangel an elterlicher Gesinnung und menschlicher Rücksichtnahme verrät und deshalb als schwere Verfehlung gegenüber dem Kläger anzusehen [ist]“, als weiteren Grund, den Sohn von der Verpflichtung zum Unterhalt zu befreien. Der Vater hätte in keiner Weise Interesse an seinem Sohn gezeigt – dieser hatte vielmehr ohne Vaterfigur aufwachsen müssen.
Konsequenterweise stellte das Gericht im Urteil fest, dass dem Sozialhilfeträger kein Anspruch aus übergegangenem Recht gegen den Sohn auf Zahlung von Elternunterhalt zusteht.
Bei Fragen zur Verwirkung des Elternunterhalts wegen schwerer Verfehlung kontaktieren Sie mich gerne.
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Veröffentlicht am
21.03.2014
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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