Das Bundessozialgericht hat entschieden (Urteil vom 30.09.2010), das vor dem Elterngeldbezug erarbeitetes Einkommen, das verspätet, d.h. erst während des Elterngeldbezuges zufließt, bei der Elterngeldberechnung zu Gunsten der Eltern zu berücksichtigen ist.

In dem entschiedenen Fall ging es um eine Physiotherapeutin, die im Bemessungszeitraum von ihrem Arbeitgeber nur einen Teil ihres Arbeitsentgelts erhalten hatte. Den Rest ihres Arbeitsentgelts musste sie vor dem Arbeitsgericht einklagen. Der Rest wurde schließlich erst verspätet, das heißt während des Elterngeldbezuges vom Arbeitgeber ausgezahlt. Die Elterngeldstelle rechnete der Klägerin die verspäteten Einnahmen nicht elterngelderhöhend zu und berief sich dabei auf das sog. Zuflussprinzip, das aus dem Steuerrecht stammt.

Das Bundessozialgericht gab der Klägerin recht und entschied, dass für die Bemessung des Elterngeldes nicht nur das dem Berechtigten vor dem Elterngeldbezug tatsächlich zugeflossene Einkommen, sondern auch das vor dem Elterngeldbezug erarbeitete und verspätet gezahlte Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen ist. Das steuerrechtliche Zuflussprinzip könne nicht eins zu eins auf das Elterngeldrecht übertragen werden. Eine verspätete Zahlung von Arbeitsentgelt führe sonst dazu, dass die Elterngeldberechtigten doppelt benachteiligt würden: Erst würde das vor dem Elterngeldbezug erarbeitete Einkommen bei der Elterngeldberechnung außen vor bleiben und dann später während des Elterngeldbezuges als Einkommen angerechnet. Dies könne vom Gesetzgeber nicht gewollt sein.

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts betrifft nicht nur Angestellte, sondern indirekt auch Selbstständige, bei denen es häufig vorkommt, dass während des Elterngeldbezuges durch Kunden noch Rechnungen beglichen werden, die aus der Zeit vor dem Elterngeldbezug herrühren. Selbstständige haben hier teilweise keinen Einfluss auf den Zeitpunkt des Rechnungsausgleichs.

Betroffenen ist zu raten, gegen nachteilige Elterngeldbescheide Widerspruch zu erheben. Sollte die Widerspruchsfrist bereits abgelaufen sein, ist dies nicht weiter tragisch, da die Möglichkeit eines Überprüfungsantrags nach § 44 SGB X besteht. Auf diese Weise können auch noch sehr alte Elterngeldbescheide rückwirkend überprüft werden.

Falls Sie Fragen zu diesem Themenkreis haben, kontaktieren Sie mich gerne.

WICHTIGER HINWEIS: Bitte beachten Sie hierzu die zwischenzeitlich für Selbständige ergangene abschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.


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Veröffentlicht am

11.01.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Urheber

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