Pünktlich zum Wahljahr 2013 beschert die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP vor allem selbstständigen und freiberuflich tätigen Eltern mit dem "Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs" massive Verschlechterungen beim Elterngeld. Das ZDF-Magazin Frontal21 berichtete über die Elterngeldfalle in der Sendung vom 22.01.2013, 21.00 Uhr.

Mit dem Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.09.2012 wurden zahlreiche Änderungen im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) vorgenommen, die den Bundesländern die Berechnung des Elterngeldes vereinfachen (Personalkosten einsparen) und gleichzeitig zu politisch gewünschten Ausgabenkürzungen im Elterngeld führen sollen.

Die Änderungen treffen vor allem Selbständige und zwar in folgender Weise:

  1. Die Berechnung des Elterngeldes erfolgt nunmehr ausschließlich anhand des im letzten abgeschlossenen Steuerjahr erzielten Gewinns, § 2b Abs. 2 BEEG. Dies bedeutet beispielsweise für Selbstständige, die sich im letzten Steuerjahr vor der Geburt in der Existenzgründung befanden und entsprechend wenig Gewinn erwirtschaftet haben, bittere Einschnitte. Bisher blieb der Nachweis möglich, im letzten Steuerjahr 20 % weniger gearbeitet zu haben, als in den letzten 12 Monaten vor dem Monat der Geburt des Kindes. Diese (vom Bundessozialgericht entwickelte) Möglichkeit ist entfallen.

  2. Während des Elterngeldbezuges zugeflossene Einkünfte werden vom Elterngeld abgezogen und zwar unabhängig davon, wann die Arbeitsleistung erbracht wurde und ob der Elternteil während des Elterngeldbezuges arbeitet oder nicht, § 2 Abs. 3 BEEG („nach der Geburt des Kindes ... Einkommen … hat“). Begleicht ein Kunde beispielsweise während des Elterngeldbezuges eine Rechnung aus dem letzten Steuerjahr, z.B. in Höhe von 15.000 €, bleibt dieser Betrag - erstens - bei der Elterngeldberechnung außer Betracht und wird - zweitens - im Bezugszeitraum (nach Abzug einer Betriebsausgabenpauschale i.H.v. i.d.R. 25 %) vom Elterngeld abgezogen. Welche fatale Wirkung allein eine einzige derartige verspätete Kundenzahlung auf das Elterngeld hat, liegt auf der Hand. Am Ende des Elterngeldbezuges stehen dann Rückforderungen in Höhe mehrerer tausend Euro. Den Umsatzeinbruch, den die oder der Selbstständige durch die Kindesbetreuung tatsächlich erleidet und der noch lange nach dem Elterngeldbezug nachwirkt, gleicht der Gesetzgeber (CDU/CSU/FDP) nicht aus.

So wird die Kindererziehung für Selbstständige und Freiberufler schnell zum betriebswirtschaftlichen Desaster. Sehen Sie dazu auch den Beitrag des ZDF-Magazins Frontal21 vom 22.01.2013.

Betroffenen selbstständigen, bzw. freiberuflichen Eltern ist zu raten, wegen dieser Neuregelung über das Internet eine E-Petition beim Deutschen Bundestag einzureichen (am wirkungsvollsten) oder Beschwerden beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Frau Bundesministerin Schröder, CDU) und beim Ausschuss des Bundestages für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Sibylle Laurischk, FDP) anzubringen.

Gegen Elterngeld-Rückforderungen wegen Kundenzahlungen aus Arbeiten vor Geburt des Kindes im Bezugszeitraum sollten alle juristischen Mittel ergriffen werden, um sich gegen die systematische Benachteiligung zur Wehr zu setzen.

Foto: © istockimages.com/Pawel_Gaul


Kommentare

Rechtsanwältin S. Herfurth-Schmidt
21.10.2013, 10:50 Uhr

Sehr geehrter Herr Kollege Köper, in Rahmen einer Recherche bin ich auf Ihren Beitrag gestoßen. Ich habe in der Beratung eine Mandantin, Freiberuflerin, die für ihr 2. Kind in Folge Elterngeld beantragt hat. Sie hatte ihre Tätigkeit zum 01.01.2013 steuerlich wieder angemeldet und am 14.08.2013 ihr 3. Kind bekommen. Die Einnahmen aus dieser Tätigkeit sollen ihr nun nicht angerechnet werden. Wir werden zunächst in den Widerspruch gehen, obwohl es nach dem reinen Gesetzeswortlaut keine Aussicht auf Erfolg geben kann. Wir sehen allerdings eine Ungleichbehandlung gegenüber den Eltern, die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit bis zum letzten Monat vor der Geburt des Kindes angerechnet bekommen. Sollten wir in irgendeiner Instanz Recht bekommen, so folgt daraus selbstverständlich auch, dass die steuerlichen Einnahmen nicht für die Zeit des Elterngeldbezugs wieder abgezogen werden sonder, monatsgenau, wie bei dem Elterngeldgesetz bis 2012 , angerechnet werden. Wissen SIe, ob es zu diesem Thema inzwischen ein Forum gibt ? Mit freundlichen kollegialen Grüßen S. Herfurth-Schmidt


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Veröffentlicht am

22.01.2013

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

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