Das Sozialgericht München hat entschieden, dass die Einkommensgrenze von 500.000 Euro beim Elterngeld nur dann anzuwenden ist, wenn tatsächlich beide Elternteile zum Bezug von Elterngeld berechtigt sind. Ansonsten verbleibt es bei der Grenze von 250.000 Euro für denjenigen Elternteil, der tatsächlich Elterngeld erhält.
Die verheiratete Antragstellerin ist Mutter eines am 28.09.2010 geborenen Kindes. Sie beantragte nach dessen Geburt Elterngeld. Die notwendigen Voraussetzungen erfüllte sie vollends. Fraglich war nur, ob für sie der Ausschluss-Tatbestand des § 1 Absatz 8 Bundeselterngeldgesetz (BEEG) gelten sollte. Nach diesem, so die zuständige Behörde, entfalle der Anspruch auf Elterngeld, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Absatz 5 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von mehr als 250.000 Euro erzielt habe oder wenn die Summe des zu versteuernden Einkommens bei Elternpaaren, die mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft lebten, mehr als 500.000 Euro betrage.
Auf Anforderung des Antragsgegners vom legte die Antragstellerin den Steuerbescheid für sich und ihren Ehemann für das Kalenderjahr 2009 vor, aus dem sich ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von insgesamt 579.344 Euro ergab. Dabei lag ein steuerpflichtiges Einkommen der Klägerin aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 46.155 Euro brutto zugrunde.
Das Gericht hatte insoweit im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu entscheiden, ob trotz des verhältnismäßig geringen Einkommens der Klägerin trotzdem ein Ausschlussgrund vorliege, da das zu berücksichtigende Einkommen ihres Ehemanns insgesamt als zu hoch angesehen werden müsse.
Diese Frage hat das Gericht zugunsten der Antragstellerin entschieden. Dabei hat es ausgeführt, dass die maßgebliche Norm das Entfallen des Elterngeldanspruchs bei Übersteigen der genannten Grenze nur anordne, wenn auch eine andere Person elterngeldberechtigt sei und die Summe des zu versteuernden Einkommens beider berechtigter Personen mehr als 500.000 Euro betrage. Der Ehemann der Klägerin habe aber unbestritten seine Arbeitszeit im möglichen Bezugszeitraum nicht reduziert, sondern sei durchgängig voll erwerbstätig gewesen. Damit sei er im möglichen Bezugszeitraum überhaupt nicht berechtigt gewesen, für mindestens zwei Lebensmonate gemäß § 4 Absatz 3 Satz 1 Bundeselterngeldgesetz (BEEG) Elterngeld zu beziehen.
Das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz gewann somit die Antragstellerin. Eine Bestätigung im Hauptsacheverfahren ist zu erwarten.
Kommentar: Dem Urteil ist zuzustimmen. Es ist rechtstechnisch keine andere Entscheidung plausibel zu begründen. Schon der Wortlaut gebietet diese Auslegung. Das Urteil stärkt daher Eltern, bei denen der deutlich besser Verdienende dauerhaft weiterarbeitet.
Foto: © istockphoto.com/ Damir Cudic
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Veröffentlicht am
16.01.2013
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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10.04.2014, 16:34 Uhr
Nachtrag: Das Bundessozialgericht teilt in einem aktuellen Terminbericht Nr. 9/2014 v. 27.03.2014 mit, es sei für die Berücksichtigung des Einkommens beider Elternteile nicht erforderlich, "dass auch der andere Elternteil das Kind betreut und wegen Kindererziehung keine oder keine volle Erwerbstätigkeit mehr ausübt." Die Urteilsgründe sind noch nicht abgefasst (Stand 10.04.2014). Diese Rechtsfrage ist insoweit zum Nachteil der betroffenen Eltern geklärt.
18.06.2018, 15:07 Uhr
18.06.2016, 15:15 Uhr