Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass blinde Menschen im Rahmen der Hilfsmittelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch auf Versorgung mit einem sog. Einkaufs-Fuchs haben können.

Mit seinem Urteil schließt sich das Gericht der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremens an, das bereits mit Urteil vom 29.01.2010 ebenso entschieden hatte (Vgl. News-Artikel vom 2. Februar 2010).

Mit dem Einkaufs-Fuchs können Strichcodes, die auf den meisten der im Handel befindlichen Produkten zu finden sind, erfasst und durch Vorlesen der wichtigsten Produktinformationen verfügbar gemacht werden. Das System erkennt derzeit rund 900.000 verschiedene Waren, wobei sich über das eingebaute Mikrophon auch neue Daten selbst einfügen lassen.

Nach Auffassung des Gerichts fördert das Gerät damit den Ausgleich der vorliegenden Behinderung, womit § 33 Absatz 1 Satz 1 Alternative 2 Sozialgesetzbuch 5 zum Tragen kommt. Das Gerät ist insoweit erforderlich, um der Klägerin die Lebensbetätigung im Rahmen der elementaren Grundbedürfnisse zu ermöglichen oder zumindest erheblich zu erleichtern. Zu diesen Grundbedürfnissen zählen nämlich gerade die Ernährung, Körperpflege sowie die Schaffung eines körperlichen und geistigen Freiraumes, der durch den sog. Einkaufs-Fuchs erreicht wird.

Dem steht auch nicht der enorme Anschaffungspreis von rund 3.100 Euro entgegen. Dieser ist vielmehr durch die technische Qualität bedingt und aufgrund des erheblichen Mehrnutzens bei der Verwendung auch gerechtfertigt. Insbesondere muss sich der Betroffene nicht auf ein kostengünstigeres Smartphone der neuesten Generation verweisen lassen, selbst wenn dieses theoretisch dieselben Aufgaben übernehmen könnte. Es wäre Aufgabe der jeweiligen Krankenkasse bzw. deren Spitzenverbandes, entsprechend am Markt aufzutreten.

Ausdrücklich hat das Gericht zudem unterstrichen, dass sich Betroffene nicht auf Leistungen nach dem jeweils einschlägigen Landespflegegeldgesetz oder auf Leistungen der Blindenhilfe nach dem Sozialgesetzbuch 12 verweisen lassen müssen, da diese in jedem Fall subsidiär sind.

Aufgrund der dem Urteil zukommenden grundsätzlichen Bedeutung wurde die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.07.2010.


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Veröffentlicht am

15.11.2010

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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