Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass der zuständige Träger der Eingliederungshilfe Leistungen für die mit der Durchführung einer Montessori-Therapie während der Schulzeit verbundenen Kosten zu tragen hat.

Die Klägerin leidet unter einer Sprachentwicklungsverzögerung, wobei die semantische, phonetisch-phonologische Ebene und der Bereich der auditiven Verarbeitung und Wahrnehmung besonders betroffen sind. Sie begehrt vom zuständigen Träger der Eingliederungshilfe Leistungen für die Übernahme einer in der Schule durchgeführten Montessori-Therapie. Erst durch diese Therapie wäre es ihr möglich, eine Regelschule zu besuchen und dem Unterricht zu folgen, weshalb diese für den Schulerfolg unerlässlich sei. Die Therapie werde dabei von einer Therapeutin durchgeführt, die zur Aufnahme und Verarbeitung von Lerninhalten Unterstützung durch konkretes Material und Visualisierungsangebote bereithalte, um so die vorliegenden auditiven Probleme zu kompensieren.

Das Gericht hat den Anspruch der Klägerin aus den §§ 53, 54 Sozialgesetzbuch 12 bejaht. Entgegen der Auffassung der Behörde sei die durchzuführende Montessori-Therapie eine heilpädagogische Maßnahme oder zumindest eine sonstige Maßnahme im Sinne von § 54 Sozialgesetzbuch 12 in Verbindung mit § 12 Absatz 1 Nummer 1 der Eingliederungshilfeverordnung . Bei der Begründung stützt sich das Gericht insbesondere auf allgemein anerkannte Grundsätze, wonach Heilpädagogik unzweifelhaft als integraler Teil der Pädagogik zu verstehen sei und auf die eindeutige obergerichtliche Rechtsprechung, wonach als sonstige Maßnahmen alle Maßnahmen in Betracht kommen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich seien, Folgen einer hier unstreitig vorliegenden Behinderung zu beseitigen oder zu mildern.

Darüber hinaus sei insbesondere auch nicht der Nachrangrundsatz der Sozialhilfe verletzt. Vor allem sei es nicht alleinige Aufgabe der Schule, eine solche Therapie zu leisten. Maßgebend sei, dass die Montessori-Therapie nicht dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit des Lehrers im Sinne des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule zuzuordnen ist, sondern sich in der Gesamtschau als flankierende Maßnahme darstelle.

Der Beklagte kann dem auch nicht entgegenhalten, dass die Klägerin eine andere Art von Sonder-Schule - hier z.B. eine Sprachheilschule - besuchen könne, um so die Gewährung von Eingliederungshilfe überflüssig zu machen. Die Entscheidung darüber, ob ein schulpflichtiges Kind eine Sonderschule besucht, obliege der Schulaufsichtsbehörde.

Die Revision wurde zugelassen. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte diese auch anstrengen wird.

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.2010.


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Veröffentlicht am

16.12.2010

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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