Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz hat in einem aktuellen Verfahren unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils entschieden, dass ein Schwerbehinderter, der Leistungen zum Lebensunterhalt in einer Einrichtung erhält, insoweit nicht zusätzlich die Kosten für einen Internetanschluss zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft vom Träger der Eingliederungshilfe erhält. Die Streitsache ist nunmehr beim Bundessozialgericht anhängig.

Der 23-jährige Kläger leidet an einer infantilen Zerebralparese in Form einer spastischen Tetraparese mit progressiver Torsionsskoliose und ist aufgrund stark überschießender Bewegungen auf einen Rollstuhl angewiesen, an dem seine Beine fixiert werden. Er lebt in einem Wohnheim einer Diakonie. Die Kosten hierfür tragen die zuständige Pflegekasse und der Träger der Eingliederungshilfe jeweils anteilig. Übernommen werden im Rahmen der Unterbringung auch die Fahrkosten zur Teilhabe am kulturellen Leben sowie für Besuchs- und Familienheimfahrten, eine Bekleidungspauschale, die Kosten für Urlaubsfahrten und Freizeitaufenthalte und teilweise Pflegekosten. Zudem wird ein Barbetrag nach § 35 Absatz 2 Sozialgesetzbuch 12 gewährt, welcher insbesondere Aufwendungen, die der Befriedigung des Bedürfnisses auf Erhalt der Beziehung mit der Umwelt, nach Information zur allgemeinen Bildung sowie zur Teilnahme am kulturellen und politischen Leben in angemessenem Umfang abdecken soll.

Er macht jedoch geltend, dass die Kosten für einen Internetanschluss und dessen Nutzung vom zuständigen Leistungsträger zusätzlich zu übernehmen seien. Das Internet ermögliche ihm die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft, insbesondere als Informationsquelle im sozialpolitischen Bereich. Außerdem nutze er es für soziale Kontakte zu Freunden und es mache ihn von Fremdhilfe wesentlich unabhängiger. Die Kostenübernahme sei erforderlich, da er als Schwerbehinderter nicht dauerhaft von der Entwicklung in der Gesellschaft abgekoppelt werden dürfe. Das Internet ermögliche ihm dabei eine geeignete Kontaktaufnahme, ohne dass andere von seiner Behinderung erfahren würden.

Während das Sozialgericht in der ersten Instanz dem Kläger die zusätzlichen Leistungen zugesprochen hat, entschied nunmehr die Berufungsinstanz zugunsten des zuständigen Leistungsträgers. Ein Anspruch auf Übernahme der laufenden Internetkosten könne sich lediglich aus § 54 Sozialgesetzbuch 12 in Verbindung mit den §§ 55 Absatz 2 Nr. 7, 58 Sozialgesetzbuch 9 ergeben. Danach sind Hilfen zur Teilnahme am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben zu gewähren. Diese umfassen nach § 58 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 9 Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben, vor allem Hilfen zur Förderung der Begegnung und des Umgangs mit nicht behinderten Menschen. Grundsätzlich kommen nach Auffassung des Gerichts zwar hinsichtlich der Förderung des Umgangs mit nicht behinderten Menschen Leistungen für die Kosten eines Telefons und Internetkosten in Betracht. Der entsprechende Bedarf des Klägers sei allerdings bereits vollumfänglich durch den ihm gewährten Barbetrag nach § 35 Absatz 2 Sozialgesetzbuch 12 umfasst. Der Barbetrag enthalte nämlich in erheblichem Umfang Anteile zur Deckung des Bedarfs der Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben.

Der gewährte Barbetrag sei schließlich auch geeignet, das grundrechtlich gewährleistete Existenzminimum abzudecken. Im Vergleich zum Regelsatz und dessen Berechnungsgrundlagen sei zu berücksichtigen, dass der Kläger neben den Kosten für Unterkunft und Verpflegung auch die Fahrkosten zur Teilhabe am kulturellen Leben sowie für Besuchs- und Familienheimfahrten, eine Bekleidungspauschale und die Kosten für Urlaubsfahrten und Freizeitaufenthalte erhalte. Kosten für Einrichtungsgegenstände würden bei ihm nicht anfallen, ebenso würden die Kosten für Gesundheitspflege und Körperpflege zumindest teilweise im Rahmen der Einrichtungspflege übernommen. Damit werde der Barbetrag dem Kläger in vergleichbarer Höhe geleistet, wie sie einem nicht in einer stationären Einrichtung untergebrachten Hilfeempfänger für die nicht im Rahmen der Unterbringung gewährten Hilfebedarfe zur Verfügung stehen. Der Gesetzgeber wollte mit der Regelung des Barbetrages aber auch gerade eine Besserstellung der Heimbewohner gegenüber den Empfängern ambulanter Hilfen beenden. Dies würde nicht hinreichend berücksichtigt, wenn die im Barbetrag eigentlich umfassten Kosten für den Internetzugang gesondert gewährt würden.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Revision zugelassen. Betroffenen ist insoweit bis zur Entscheidung des Bundessozialgerichts zu raten, die erforderlichen Rechtsbehelfe einzulegen. Für Fragen stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung.

Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.11.2010.


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Veröffentlicht am

16.03.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

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