Das Sozialgericht München hat in einem beachtlichen Urteil die Rechte von Kindern mit frühkindlichen autistischen Störungen gestärkt und den Träger der Eingliederungshilfe dazu verpflichtet, die Kosten für eine so genannte ABA-Therapie zu übernehmen.
Der 2006 geborene Kläger leidet an einer frühkindlichen autistischen Störung mit erheblichen Entwicklungsstörungen im sozialen, emotionalen und sprachlichen Bereich. Seine Eltern machten die so genannte ABA-Therapie ausfindig, die nach den momentanen wissenschaftlichen Erkenntnissen eine frühzeitige Intervention bei Kindern mit Autismus für absolut geboten hält und Verfahren entwickelt hat, um die Fähigkeiten der betroffenen Kinder nachhaltig zu verbessern. Vor diesem Hintergrund begehrten sie die Übernahme der Kosten in einem diese Maßnahme durchführenden Institut, die jedoch vom zuständigen Träger der Eingliederungshilfe abgelehnt wurde. Hiergegen richteten sich sodann Widerspruch und Klage. Letztere hatte vor dem Sozialgericht München schließlich Erfolg.
Das Gericht hat dabei in vorbildlicher Weise die Bedeutung der Eingliederungshilfe für die weitere Entwicklung des Kindes unterstrichen. Insbesondere gehörten danach Hilfen für eine angemessene Schulbildung zu den Leistungen der Eingliederungshilfe. Nach der insoweit heranzuziehenden Eingliederungshilfeverordnung würden auch heilpädagogische Maßnahme zu Gunsten körperlich und geistig behinderter Kinder erfasst, wenn sie erforderlich und geeignet seien, dem behinderten Kind den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Nach Auffassung des Gerichts biete die ABA-Therapie eine wesentliche Grundlage dafür, dass der Kläger trotz seiner behinderungsbedingten Defizite den Anforderungen an die Schulfähigkeit bei Schuleintritt genügen kann.
Im Weiteren hat das Gericht ausgeführt, dass hinsichtlich der Art und Weise der Leistungserbringung der Behörde grundsätzlich ein Ermessen zustehe. Diese sei aber im vorliegenden Fall auf Null reduziert, weshalb ein Anspruch auf die konkrete Durchführung der ABA-Therapie bestehe. Dieser folge daraus, dass nach Überzeugung des Gerichts nur bei Durchführung dieser Therapie das Eingliederungsziel, nämlich ein ordnungsgemäßer Schulbesuch, erreicht werden kann. Diese Annahme stützt das Gericht vor allem auf vorliegende wissenschaftliche Publikationen und die Tatsache, dass eine vergleichende Bewertung der Wirksamkeit von in Rede stehenden Therapien zu keinem anderen Schluss führen könne.
Darüber hinaus steht dieser Entscheidung nicht die Tatsache entgegen, dass die Beklagte mit dem entsprechenden Institut, das die ABA-Therapie durchführen soll, keine Leistungsvereinbarung geschlossen hat. Nach § 75 Absatz 4 Sozialgesetzbuch 12 darf die Beklagte Leistungen auch außerhalb derartiger Vereinbarungen erbringen, wenn es nach dem Einzelfall geboten ist. Aufgrund der vorliegenden Ermessensreduktion ist dies der Fall.
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Sozialgericht München, 13. Kammer, Urteil vom 14.10.2011.
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Veröffentlicht am
06.01.2012
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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