Nach Auffassung des Bundessozialgerichts kann es gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn ein Rentenversicherungsträger die Versicherungspflicht eines Betroffenen feststellt, nachdem er zuvor auf die telefonische Frage des Betroffenen nach seiner Versicherungspflicht den Eindruck erzeugt, diese trete wegen der früheren Befreiung nicht ein.

Dem Urteil des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2012 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Arzt war zunächst in einem Krankenhaus fest angestellt. Für diese Tätigkeit war er auf seinen Antrag hin von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden. Als der Arzt seine Tätigkeit im Krankenhaus aufgab und in die Pharmaindustrie wechselte, gab er diesen Wechsel nicht bei der Rentenversicherung an. Die Rentenversicherung forderte nach einiger Zeit erhebliche Beitragsnachzahlungen. Hiergegen wendete sich das Pharmaunternehmen und erhob Klage mit dem Ziel, feststellen zu lassen, dass eine Versicherungspflicht ihres Pharmaberaters nicht bestand.

Im Ergebnis urteilte das Bundessozialgericht zwar, dass eine Zahlungspflicht grundsätzlich bestehe. Denn eine Befreiung gelte nur für das „jeweilige“ Beschäftigungsverhältnis (§ 6 Absatz 5 Satz 1 Sozialgesetzbuch 6). Der Arzt, so das Bundessozialgericht, hätte seinen Arbeitgeberwechsel angeben müssen und die erneute Befreiung beantragen müssen.

Nach Ansicht des Bundessozialgerichts hatte das Landessozialgericht den Sachverhalt aber nicht gründlich genug ermittelt. So hatte der Mann geltend gemacht, beim Versicherungsträger angerufen zu haben. Nach den telefonischen Auskünften habe er davon abgesehen, seine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung auch für die Beschäftigung als Pharmaberater zu beantragen, bzw. einen förmlichen Befreiungsbescheid zu fordern.

Insofern führte das Bundessozialgericht aus, dass es gegen Treu und Glauben verstoße, "wenn ein Rentenversicherungsträger die Versicherungspflicht eines Betroffenen in der gesetzlichen Rentenversicherung feststellt, nachdem der Träger zuvor in einer Antwort auf die Frage des Betroffenen nach der Reichweite einer früheren Befreiung im Hinblick auf eine neu eingegangene Beschäftigung den Eindruck erzeugt hatte, auch insoweit trete wegen der schon erteilten früheren Befreiung keine Versicherungspflicht ein.“. Sollte sich der Einwand des Arztes als richtig herausstellen, "könnten der Feststellung von Versicherungspflicht [...] in der noch streitigen Zeit ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch bzw. die Grundsätze von Treu und Glauben entgegenstehen."

Das Bundessozialgericht verwies den Rechtsstreit zur Aufklärung des Sachverhalts an das Landessozialgericht zurück.

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Veröffentlicht am

01.05.2014

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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