Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat in einem aktuellen Verfahren dargetan, dass auch eine symptomlose HIV-Infektion als Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu verstehen ist. Gegenstand des Verfahrens war die Kündigung eines an HIV erkrankten Mannes durch seinen Arbeitgeber. Diese stellt insoweit grundsätzlich einen Verstoß gegen das AGG dar.

Der Kläger ist an HIV erkrankt und ist bei einem Unternehmen beschäftigt, das Arzneimittel zur Krebsbehandlung herstellt. Dort ist er Chemisch-Technischer Assistent und arbeitet vorwiegend im sogenannten Reinraum. Anlässlich einer Einstellungsuntersuchung wies er den Betriebsarzt auf seine HIV-Infektion hin, woraufhin dieser Bedenken gegen einen Einsatz des Klägers im Reinraum äußerte. Kurz darauf kündigte sodann der Arbeitgeber dem Kläger unter Verweis auf die ansteckende Krankheit, welche nach den eigens aufgestellten Unternehmensgrundsätzen ein Tätigwerden in derart sensiblen Herstellungsbereichen ausschließe.

Hiergegen klagte der Kläger auf Feststellung, dass die Kündigung unwirksam sei, weil sie ihn wegen seiner Behinderung diskriminiere. Zudem verlangte er eine Entschädigung in Geld.

Das Bundesarbeitsgericht hat daraufhin letztinstanzlich in rechtlicher Hinsicht entschieden, dass eine Behinderung vorliege. Die Kündigung benachteilige zudem den Kläger unmittelbar, weil sie untrennbar mit seiner Behinderung zusammenfalle. Damit sei grundsätzlich eine unzulässige Benachteiligung im Sinne des AGG gegeben.

Zu prüfen sei jedoch noch, ob eine Rechtfertigung vorliegt. Dies wäre dann der Fall, wenn eine Beschäftigung im Reinraum tatsächlich nicht möglich sei und der Arbeitgeber dies nicht hätte durch entsprechende Vorkehrungen ermöglichen können. Die Entschädigung hänge schließlich davon ab, ob eine Rechtfertigung möglich sei.

Es gilt jedoch hervorzuheben, dass das Bundesarbeitsgericht durch diese Entscheidung deutlich gemacht hat, dass eine eine langfristige Einschränkung des Gesundheitszustands in Wechselwirkung mit verschiedenen sozialen Faktoren zu einer Beeinträchtigung der Teilhabe an der Gesellschaft auch bei symptomloser HIV-Infektion vorliege.

191213


Kommentare


Seien Sie die erste Person, die einen Kommentar zu diesem Artikel abgibt.


Kommentar schreiben

Veröffentlicht am

23.12.2013

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

Hinweis

Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

Urheber

© Rechtsanwalt Köper (Gilt nicht für gekennzeichnete Pressemitteilungen, Medieninformationen und Gerichtsentscheidungen)

Downloads