Das Bundessozialgericht hat in einer aktuellen Entscheidung dargelegt, dass ein GdB von 50 bei einer Erkrankung an Diabetes mellitus nur dann festgestellt werden kann, wenn die betreffende Person durch die Auswirkungen des Diabetes mellitus insgesamt gesehen erheblich in der Lebensführung beeinträchtigt ist.
Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 nach dem Schwerbehindertenrecht hat. Beim Kläger wurde bereits im Jahr 1998 wegen des bestehenden Diabetes mellitus ein GdB von 40 festgestellt. Im Jahr 2005 lehnte das beklagte Land die Feststellung eines höheren GdB jedoch ab, weil die ebenfalls vorliegende Nephropathie sowie die Blutdruckbeschwerden des Klägers keinen Einzel-GdB und die Diabetes mellitus-Erkrankung keinen höheren GdB als 40 bedingten. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos, sodass der Kläger durch die Instanzen klagte. Letztlich gelangte der Rechtsstreit zum Bundessozialgericht, das nunmehr die Klage abwies. Es lassen sich aus den gerichtlichen Ausführungen gewinnbringende Schlüsse für künftige Verfahren ziehen, die im Folgenden dargestellt werden sollen.
Das Gericht, das bereits in einigen anderen Entscheidungen zum GdB bei Diabetes millitus Stellung bezogen hat, konkretisierte seine bestehende Rechtsprechung. Es nahm Bezug auf die versorgungsmedizinischen Grundsätze, die in der Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung verankert sind, Soweit die hier streitige Feststellung eines GdB von 50 betroffen seien, enthalte Teil B Nr 15.1 Absatz 4 dieser Anlage seinem Wortlaut nach drei Beurteilungskriterien für die Frage der Bewertung des GdB bei Diabetes mellitus. Diese seien namentlich zum einen das Vorhandensein von täglich mindestens vier Insulininjektionen, darüber hinaus die selbstständige Variierung der Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung sowie letztlich eine (durch erhebliche Einschnitte) gravierende Beeinträchtigung in der Lebensführung. Diese Kriterien seien nach Auffassung des Senats nicht jeweils gesondert für sich genommen starr anzuwenden; vielmehr sollen sie eine sachgerechte Beurteilung des Gesamtzustandes erleichtern.
Entgegen der Ansicht des Klägers, und dies sei hier streitentscheidend, reiche ein Erfüllen dieser beiden, auf den Therapieaufwand bezogenen Beurteilungskriterien nicht aus, um den GdB mit 50 festzustellen. Vielmehr müsse die betreffende Person durch Auswirkungen des Diabetes mellitus auch insgesamt gesehen erheblich in der Lebensführung beeinträchtigt sein. Das komme in Teil B Nr 15.1 Abs 4 AnlVersMedV durch die Verwendung des Wortes "und" deutlich zum Ausdruck. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Verordnungsgeber davon ausgegangen sei, dass bei einem entsprechenden Therapieaufwand immer eine gravierende Beeinträchtigung der Lebensführung vorliege. Je nach den persönlichen Fähigkeiten und Umständen der betreffenden Person könne sich die Anzahl der Insulininjektionen und die Anpassung der Dosis nämlich unterschiedlich stark auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft auswirken. Abgesehen davon sei für die Beurteilung des GdB bei Diabetes mellitus auch die jeweilige Stoffwechsellage bedeutsam. Dieses auch durch subjektive Empfindungen möglicherweise beeinträchtigte Kriterium sei hier nicht erfüllt, sodass die Klage keinen Erfolg haben konnte.
Kommentar: Allen Betroffenen ist zu raten, frühzeitig deutlich zu machen, dass der Diabetes millitus zu entsprechenden erheblichen Einschränkungen in der Lebensführung führt. Dies muss nötigenfalls durch Sachverständigengutachten nachgewiesen werden. Wird eine solche Beeinträchtigung nicht geltend gemacht, führt dies vermutlich zur Versagung der Feststellung eines höheren GdB. Kontaktieren Sie mich bei Fragen gerne.
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Foto: © istockphoto.com/Alexander Raths
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Veröffentlicht am
03.07.2013
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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