Das Bundessozialgericht in Kassel entschied 2002 über den Anspruch eines Arbeiters im Briefzustelldienst auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gegen den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung.

Der Kläger erlernte zwischen nach seinem Schulabschluss den Beruf des Kraftfahrzeugschlossers. Danach war er zunächst in verschiedenen ungelernten Arbeitertätigkeiten, anschließend in Libyen in seinem Lehrberuf beschäftigt. Es folgte eine Beschäftigung als Kraftfahrer, bevor er in den Briefzustelldienst der Deutschen Bundespost wechselte. Er wurde hierbei nicht länger aus drei Monate angelernt. Nachdem er schon seit einiger Zeit wegen erheblicher orthopädischer Probleme arbeitsunfähig erkrankt war und nach Ende der Lohnfortzahlung Krankengeld erhielt, beantragte er beim Träger der gesetzlichen Rentenversicherung die Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit.

Diesen Antrag lehnt die Behörde ab. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger noch in der Lage sei, leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten zu verrichten. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig Arbeiten ausführen. Zudem nahm die Behörde ohne weitere Begründung an, dass sich der Kläger aufgrund seiner beruflichen Vita von seinem erlernten Beruf des Kraftfahrzeugschlossers ohne gesundheitliche Veranlassung gelöst und sich berufsfremden Hilfs- und Anlerntätigkeiten zugewandt habe. Er müsse sich daher auf sämtliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes verwiesen lassen.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und Klage. Letztlich bekam er vor dem Bundessozialgericht Recht.

Berufsunfähig seien, so die Bundesrichter, nach § 43 Absatz 2 Sozialgesetzbuch 6 Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken sei. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsunfähigkeit von Versicherten zu beurteilen sei, umfasse insoweit alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprächen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden könnten. Ausgangspunkt der Beurteilung sei danach der bisherige Beruf bis zum Zeitpunkt der gesundheitsbedingten Unterbrechung.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richte sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung die Berufe der Versicherten in mehrere Gruppen eingeteilt. Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolge dabei nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend sei allein die Qualität der verrichteten Arbeit. Es komme auf ein zu erzeugendes Gesamtbild an.

In Anwendung dieser Kriterien kann der Kläger nicht, wie von der Behörde gedacht, als Facharbeiter eingestuft und müsse sich nicht auf derartige Tätigkeit verweisen lassen.

Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem das zuständige Landessozialgericht aufgrund der Zurückverweisung durch das Bundessozialgericht einen Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente bejahte.

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Veröffentlicht am

02.10.2012

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

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