Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass blinden Menschen ein Blindenführhund zur Verfügung gestellt werden muss, wenn der Einsatz des Hundes wesentliche Gebrauchsvorteile mit sich bringt. Dies gilt auch dann, wenn die betroffene Person sich weitestgehend frei mit einem Blindenlangstock orientieren könnte.

Im zugrundeliegenden Fall (Az.: L 5 KR 99/13) ist die Klägerin infolge einer Erkrankung fast vollständig erblindet. Nachdem es in ihrem persönlichen Umfeld zu mehreren Todesfällen kam, ist sie nunmehr im Alltag auf sich allein gestellt. Zunächst gewährte ihr die beklagte Krankenkasse die Zahlung eines Bildschirmlesegerätes und eines Blindenlangstocks. Da sie sich in ihrer Umgebung sehr gut orientieren konnte, gelang es ihr sich bereits nach wenigen Übungsstunden allein mithilfe des Stocks bewegen zu können.

Nach einigen Monaten wandte sich die Klägerin erneut an die Krankenkasse und bat um die Bereitstellung eines Blindenführhundes. Sie machte hierbei zum einen geltend, dass sie zunehmend vereinsamte, zum anderen fühlte sie sich mit dem Blindenstock immer dann unsicher, wenn im Alltag unvorhergesehene Ereignisse (rücksichtslose Fußgänger, Tiere, Äste etc.) auftraten. Nur der Einsatz eines Hundes würde sie effektiv vor solchen Gefahren schützen. Die Kasse lehnte dies jedoch ab; nach ihrer Meinung sei der Blindenstock vollkommen ausreichend. Die Frau klagte daraufhin vor dem Sozialgericht. Das Sozialgericht Koblenz verurteilte die Krankenkasse auf Bereitstellung eines Hundes. Die Kasse ging hiergegen jedoch in Berufung vor das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz.

Das LSG Rheinland-Pfalz schloss sich dem Urteil des SG Koblenz an und lehnte die Berufung der Kasse als unbegründet ab. Zwar gäbe es bei funktionell gleichwertigen Hilfsmitteln keinen Anspruch auf das teurere Mittel. Jedoch ist der Einsatz eines Hundes gegenüber einem Blindenstock nicht als gleichwertig anzusehen. Die Klägerin könne sich mit dem Stock lediglich auf eingeübten Wegen fortbewegen – eine solche Einschränkung des Bewegungsradius sei jedoch nicht hinnehmbar. Zwar diene ein Blindenhund nicht zur Vermeidung von Vereinsamung und Depressionen, jedoch könne sich die Klägerin mithilfe des Vierbeiners auch auf unbekannten Wegen fortbewegen. Dieser weise durch seine aktive Hilfe wesentliche Gebrauchsvorteile gegenüber dem Blindenstock auf. Konsequenterweise lehnte das LSG die Berufung der Krankenkasse ab und verpflichtete sie gleichzeitig zur Bereitstellung eines Blindenhundes.

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Veröffentlicht am

25.02.2014

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Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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