Das Verwaltungsgericht Würzburg hat entschieden (Urteil vom 19.03.2010), dass auch Personen, die während ihrer Haftzeit für die Stasi Mithäftlinge bespitzelt haben, einen Anspruch auf Haftopferentschädigung haben, wenn sie zu der Zusammenarbeit unter dem Druck der Haft gezwungen wurden.
In dem entschiedenen Fall wurde ein Mann, der bei seinem Versuch, in die BRD zu flüchten, festgenommen worden war, während der Untersuchungshaft dazu gezwungen, gegenüber der Stasi eine Verpflichtungserklärung zu unterzeichnen, in der er sich dazu bereit erklärte, seine Mithäftlinge zu bespitzeln. Unmittelbar nach seiner Festnahme war der Mann in einer winzigen Zelle in Dunkelhaft genommen worden und wurde dann in die Untersuchungshaftanstalt nach Karl-Marx-Stadt gebracht. Dort war er zunächst drei Wochen in Einzelhaft in einer Zelle ohne Fenster. Dabei verlor er jedes Zeitgefühl und wurde immer wieder zu Verhören aus seiner Zelle geholt. Auch wurde er wegen Bluthochdrucks wiederholt unter Medikamente gesetzt, die seinen Gesundheitszustand zusätzlich verschlechterten. Ihm wurde weiterhin gedroht, dass er direkt ohne seine Familie in die BRD abgeschoben wird, wenn er nicht mitarbeite.
Das Gericht entschied in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, dass ihm aus der Zusammenarbeit mit der Stasi kein Vorwurf gemacht werden könne, weil die Stasi auf ihn durch die Haft und die Drohung, ohne Frau und Tochter in die BRD abgeschoben zu werden, unerträglichen Druck ausgeübt habe. Der Kläger habe deswegen in subjektiver Hinsicht kein ihm zurechenbares, vorwerfbares Verhalten verwirklicht.
Die Entscheidung zeigt, dass es sich lohnen kann, gegen Bescheide, mit denen eine Haftopferentschädigung abgelehnt oder entzogen wurde, rechtlich vorzugehen, auch wenn es unangenehm ist, sich mit den negativen Erinnerungen an die Haft auseinander zusetzen. Bei Fragen zu diesem Themenkreis kontaktieren Sie mich gerne.
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Veröffentlicht am
23.08.2010
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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