Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte kürzlich über die Anfechtung einer Berufsunfähigkeitsversicherung wegen Verschweigens von Rückenschmerzen und Thromboseerkrankungen zu entscheiden.
In dem entschiedenen Fall ging es um einen ausgebildeten Bauschlosser, der im Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses als Lagerarbeiter tätig war. Im Antragsformular zur Versicherung verneinte er die Frage, ob er in den letzten 10 Jahren an Krankheiten, gesundheitlichen Störungen oder Beschwerden (zum Beispiel des Herzens oder Kreislaufs/erhöhtem Blutdruck, der Atmung-, Verdauung-, Hand- oder Geschlechtsorganen, Nerven, Sinnesorgane, Milz, Drüsen, Haut, Knochen, Gelenke, Wirbelsäule, des Gehirn, Rückenmark, Gemütes, Blutes, Fettstoffwechsel, an Geschwülsten, Sicht, Rheumatismus, Infektionen, Allergien) leide, mit "Nein". Bei der Frage, ob er in den letzten fünf Jahren ärztlich untersucht, beraten oder behandelt worden sei, beantwortete er mit "Ja" und gab eine Angina an. An Arzneimitteln sei ihm in den letzten 12 Monaten lediglich für vier Tage ein Antibiotikum verordnet worden.
Im Mai 2011 beantragte der Versicherte bei der Versicherung schließlich eine Berufsunfähigkeitsrente. Als Grund für seine Berufsunfähigkeit gab er an: "Rückenprobleme (Bandscheibe)"
Auf den Antrag führte der Versicherer Ermittlungen durch und stellte fest, dass der Versicherte tatsächlich in dem nachgefragten Zehnjahres-Zeitraum mehrfach krankgeschrieben war. An Krankheiten ergaben sich: Schultertendinos und Überlastungssyndrom (vier Tage krankgeschrieben), Konjunktivitis (3 Tage krankgeschrieben), Hämorrhoidalthrombose (13 Tage krankgeschrieben), Lumbago (6 Tage und 2 Tage krankgeschrieben), Analthrombose (34 Tage krankgeschrieben, ambulante Operation), Perianalvenenthrombose, Perianalekzem und Hämorrhoiden (26 Tage krankgeschrieben, mit Perforation der Analthrombose), Pharyngitis - Rachenentzündung(4 Tage krankgeschrieben).
Nachdem die Berufsunfähigkeitsversicherer dies herausgefunden hatte, erklärte sie die Anfechtung des Versicherungsvertrages wegen arglistiger Täuschung und verweigerte die Zahlung.
Der Versicherte verklagte daraufhin den Versicherer auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 916,72 € monatlich unter Berücksichtigung der vereinbarten Dynamik.
In dem Klageverfahren hörte das Gericht dem damaligen Versicherungsvermittler und dem behandelnden Arzt des Versicherten als Zeugen. Der Versicherte gab an, er habe sich an die nachträglich aufgedeckten Vorerkrankungen damals bei Vertragsschluss nicht mehr erinnert.
Diese Begründung hielten sowohl das erstinstanzliche Landgericht Mosbach, als auch das Oberlandesgericht Karlsruhe für nicht glaubhaft. Der Versicherte habe auch nicht behauptet, damals gegenüber dem Versicherungsvermittler (kein Versicherungsmakler) mündlich beim Ausfüllen des Antrages weitere Krankheiten angegeben zu haben. Hinsichtlich der Bindehautentzündung, an der der Versicherte fast 7 Jahre vor Antragstellung gelitten habe und deswegen er 3 Tage lang krankgeschrieben sei, sei eine fehlende Erinnerung noch nachvollziehbar.
Eine fehlende Erinnerung an die Schulter- und Rückenbeschwerden sei nicht nachvollziehbar, da diese mehrfach vorgekommen seien. Wenn der Versicherte selbst zur Begründung vorgetragen habe, die Rückenbeschwerden kämen von einer "berufsbedingten Überlastung", hätte ihm erst recht einleuchten müssen, dass derartige berufsbedingte Beschwerden für die Entscheidung des Versicherers zum Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung entscheidend seien. Außerdem habe der Versicherte wegen der Rückenbeschwerden damals Diclofenac-Injektionen und -Tabletten sowie Ibuprofen-Tabletten eingenommen.
Für eine Arglist des Versicherten sprächen aber in erster Linie die verschwiegenen Thromboseerkrankungen, wegen derer er 37 bzw. 26 Tage krankgeschrieben war, die bei Vertragsschluss erst zwei Jahre zurücklagen und wegen derer er sogar ambulant operiert worden sei.
Die Klage des Versicherten auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente wurde daher sowohl in der ersten, als auch in der zweiten Instanz abgewiesen.
Kommentar: Wegen einer möglichen Anfechtung der Berufsunfähigkeitsversicherung empfiehlt es sich dringend, schon bei Rentenantragsstellung anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Rückfragen des Versicherers, weshalb gewisse Krankheiten nicht angegeben worden seien, sollten nicht selbst beantwortet werden. Spätestens im Falle einer Anfechtung oder eines Rücktritts des Versicherers ist eine anwaltliche Vertretung dringend notwendig.
Foto: ©istockphoto.com/ Pali Rao
5213
Kommentare
Kommentar schreiben
Veröffentlicht am
18.07.2013
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
Hinweis
Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.
Urheber
© Rechtsanwalt Köper (Gilt nicht für gekennzeichnete Pressemitteilungen, Medieninformationen und Gerichtsentscheidungen)
Seien Sie die erste Person, die einen Kommentar zu diesem Artikel abgibt.