Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat bereits 2010 entschieden, dass die Anfechtung einer Berufsunfähigkeitsversicherung durch den Versicherer unwirksam sein kann, wenn der Versicherte auf den Rat eines Versicherungsmaklers hin im Antragsformular eine Pollenallergie nicht angibt.
In dem entschiedenen Fall ging es um einen Zimmermann, der seit den 90er Jahren unter einer Pollenallergie litt. Er nahm regelmäßig das Medikament Viani forte ein. Außerdem war er zweimal in ärztlicher Behandlung wegen einer spastischen Bronchitis.
Im Februar 2004 beantragte der Versicherte den Abschluss einer Rentenversicherung in Verbindung mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. In dem dazugehörigen Antragsformular wurden die sogenannten Gesundheitsfragen, d.h. Fragen nach ärztlichen Behandlungen, Beratungen oder Untersuchungen in den letzten 5 Jahren mit „Nein“ angekreuzt.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung wurde daraufhin im März 2004 abgeschlossen und für den Fall der Berufsunfähigkeit eine monatliche Rente von 1000 € sowie eine Beitragsbefreiung vereinbart.
Im Juni 2006 erlitt der Versicherte auf dem Parkplatz eines Aldi-Marktes einen Unfall. Sein Motorrad fiel auf sein linkes Bein, sodass er einen Schienenbeinkopfbruch erlitt. Er konnte daraufhin nicht mehr als Zimmermann arbeiten.
Im November 2006 beantragte der Zimmermann die Zahlung der versicherten Berufsunfähigkeitsrente.
Die Versicherung prüfte daraufhin erst einmal, ob der Versicherte beim Versicherungsantrag alle Gesundheitsfragen richtig beantwortet hatte. Die Prüfung ergab für die Versicherung, dass der Kläger ein “chronisches obstruktives Atemwegssyndrom bei Pollenallergie und Nikotinabusus sowie eine Dauertherapie mit Viani forte“ seit Januar 2004 und wiederholte Arbeitsunfähigkeitszeiten seit 2003 verschwiegen habe.
Der Zimmermann erhob daraufhin Klage auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente. In der ersten Instanz wurde die Klage weitgehend abgewiesen.
Im Berufungsverfahren verurteilte das Oberlandesgericht jedoch die Versicherung zur Zahlung der monatlichen Rente i.H.v. 1000 € ab Januar 2007, zur Zahlung von Zinsen und stellte fest, dass der Kläger wegen seiner Berufsunfähigkeit auch nicht mehr verpflichtet sei, Beiträge zu zahlen.
Zur Begründung führte das Oberlandesgericht im Wesentlichen aus, die Versicherung habe eine sog. "arglistige Täuschung" nicht bewiesen. Dies folge schon daraus, dass der Zimmermann schon vorher eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu ähnlichen Bedingungen gehalten habe. Schon dies spreche nach der Rechtsprechung des BGH gegen eine Arglist.
Zweifel daran, dass der Zimmermann die Versicherung arglistig getäuscht habe, bestünden außerdem auch deswegen, weil ihm sein Versicherungsmakler geraten habe, diese Erkrankung müssen nicht angegeben werden. Zwar habe der Makler als Zeuge ausgesagt, der Kläger hätte ihn bei Antragstellung nicht über die Pollenallergie, seine Bronchitis oder die Einnahme von Medikamenten informiert. Diese Aussage des Maklers hielt das Gericht allerdings für nicht glaubhaft.
Ein Versicherungsnehmer, der sich an einen Versicherungsmakler wende, dürfe außerdem grundsätzlich zutreffenden und sachkundigen Rat erwarten. Da nicht bewiesen sei, dass der Makler die Frage nach Allergien im Antragsformular ausdrücklich vorgelesen habe und weil es möglich, wenn nicht gar wahrscheinlich sei, dass er auf die Mitteilung des Klägers einer Pollenallergie, die viele Menschen heute für naturgegeben und lästig, nicht aber für ernsthaft bedrohlich halten, „wegwerfend“ reagiert habe, sei eine Arglist des Zimmermanns nicht bewiesen.
Dieser müsse sich auch eine etwaige Arglist des Maklers nicht zurechnen lassen. Der Makler habe die Versicherung selbst nicht getäuscht, da er lediglich dem Zimmermann gegenüber einen Rat erteilt, der Versicherung gegenüber aber nichts erklärt habe. Der Makler sei außerdem auch nicht als Verhandlungsgehilfe des Versicherten aufgetreten. Der Makler sei zwar im Antragsformular als Versicherungsmakler ausgewiesen. Er habe für den Zimmermann allerdings lediglich die Antragsunterlagen beschafft und sei allein dessen Gesprächspartner gewesen, ob ein neuer Vertrag beantragt werden sollte. Allein aus der Stempelung des Versicherungsantrages durch den Makler folge nicht, dass sich der Zimmermann die Kenntnisse, das Wissen oder die Erklärungen des Maklers zurechnen lassen habe wollen. Er habe in keiner Weise deutlich gemacht, dass der Makler seine Vertrauensperson sei. Würde man das anders sehen, würde stets der Versicherungsnehmer das Risiko eines falschen Rates seines Versicherungsmaklers tragen, obwohl die Versicherungsmakler durch pauschale Courtagevereinbarung mit den Versicherern verbunden seien. Dies sei umso mehr nicht hinzunehmen, wenn der Versicherungsmakler den Versicherten mit einem neuen Versicherungsangebot aus einer „bestandsgeschützten Deckung“, also einem bereits bestehenden, ‚sicheren‘ Versicherungsvertrag gelockt habe.
Foto: © Fotolia.com/E.Schittenhelm
16610
Kommentare
Kommentar schreiben
Veröffentlicht am
14.10.2014
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
Hinweis
Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.
Urheber
© Rechtsanwalt Köper (Gilt nicht für gekennzeichnete Pressemitteilungen, Medieninformationen und Gerichtsentscheidungen)
Seien Sie die erste Person, die einen Kommentar zu diesem Artikel abgibt.