Der Bundesgerichtshof hat bereits 2001 entschieden, dass einschränkende oder relativierende Bemerkungen eines Versicherungsagenten zu Gesundheitsfragen nicht zu Lasten des Versicherten gehen können, wenn der Versicherte die Gesundheitsfragen daraufhin nicht vollständig beantwortet.

Der Kläger verlangte von dem beklagten Versicherungsunternehmen eine Berufsunfähigkeitsrente aus einer abgeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Das Versicherungsunternehmen lehnte die Zahlung der vereinbarten Berufsunfähigkeitsrente ab, weil der Kläger sie nicht ausreichend über sein Rückenleiden informiert habe. Sie trat vom Vertrag zurück und focht ihn außerdem wegen arglistiger Täuschung an.

Hiergegen wehrte sich der Kläger. Zwischen den Parteien war dabei insbesondere streitig, ob der Agent dem Kläger sämtliche Gesundheitsfragen vorlas und ob der Versicherungsvertreter - möglicherweise in der Absicht, einen Vertragsschluss herbeizuführen - einschränkende, bzw. relativierende Bemerkungen zu den entsprechenden Fragen machte und was der Kläger darauf im einzelnen antwortete. Unstreitig erwähnte der Kläger gegenüber dem Versicherungsvertreter Rückenbeschwerden. Der Kläger war auch kurz vor Vertragsabschluss in einer Rehabilitationsklinik behandelt worden, mit dem Befund einer fortgeschrittenen Spondylosis deformans (degenerative Erkrankung der Wirbelkörper und Bandscheibenschaden) der Lendenwirbelsäule mit fortgeschrittener Osteochondrose (Knochen- und Knorpeldegeneration). Der Versicherungsvertreter kreuzte gleichwohl bei der Frage nach Krankheiten, Störungen oder Beschwerden u.a. der Wirbelsäule die Antwort "nein" an. Der Versicherte behauptete, der Versicherungsvertreter habe auf seine Angaben zum Rückenleiden erwidert, daß nur ernsthafte Erkrankungen angegeben werden müßten, nicht aber Kreuzschmerzen, "die wohl jeder einmal habe". Diese Äußerung des Versicherungsvertreters konnte jedoch nicht bewiesen werden.

Die Bundesrichter gaben jedoch schließlich dem Versicherten Recht. Unerheblich sei, dass der Agent im Antragsformular die Frage nach Vorerkrankungen verneinte. Es komme allein auf die mündlichen Erklärungen des Klägers an. Bei Entgegennahme eines Antrags auf Abschluss eines Versicherungsvertrages stehe dem Antragsteller der empfangsbevollmächtigte Vermittlungsagent des Versicherers, bildlich gesprochen, als dessen Auge und Ohr gegenüber. Was ihm mit Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorgelegt werde, sei dem Versicherer gesagt und vorgelegt worden, auch wenn der Agent es nicht in das Formular aufgenommen habe.

Soweit es um den Inhalt der mündlichen Erklärungen des Klägers gehe, sei im Revisionsverfahren die Richtigkeit seines diesbezüglichen Vortrags zu unterstellen. Die Beweislast dafür, dass er etwas anderes gesagt hat, als er behauptet, treffe das Versicherungsunternehmen. Darüber hinaus sei er auch zu keinen weitergehenden Angaben verpflichtet.

Bundesgerichtshof, 4. Zivilsenat, Urteil vom 10.10.2001.


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Veröffentlicht am

10.09.2012

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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