Das Landgericht Dortmund hat entschieden, dass Beamten eine private Berufsunfähigkeitsrente gezahlt werden muss, wenn die Berufsunfähigkeitsversicherung eine bestimmte Beamtenklausel enthält und der Beamte in den Ruhestand versetzt wurde.

Postbeamter

In dem entschiedenen Fall ging es um einen Postbeamten, der wegen einer Skoliose, einer somatoformen Schmerzstörung, einem Burnout-Syndrom, Depressionen, einer Fibromyalgie, einem LWS- und HWS-Syndrom, einer Sprunggelenksarthritis und einer Augendominanz eine private Berufsunfähigkeitsrente beantragt hatte. Er schrieb der Versicherung, er sei dem Zeitdruck und der Überwachung durch den Arbeitgeber psychisch nicht mehr gewachsen, ebenso wenig den körperlichen Anforderungen aus orthopädischen Gründen. Versichert war eine Rente i.H.v. 1.179,66 € (mit Dynamisierung).

Der Beamte war bereits nach einer amtsärztlichen Begutachtung ("Gutachten über eine Dienstunfähigkeitsuntersuchung/Reaktivierungsuntersuchung") in den Ruhestand versetzt worden, weil er im allgemeinen Verwaltungsdienst dienstunfähig sei und legte die Ankündigung seines Dienstherrn zur Versetzung in den Ruehstand und seine Ruhestandsversetzungsurkunde vor.

Nach dem vorliegenden Gutachten [...] bestehen in ihrem Fall dauernde gesundheitliche Bedenken in Bezug auf die Dienstfähigkeit. Ein positives Leistungsbild bzw. Restleistungsvermögen besteht bei ihnen leider nicht mehr. Mit der Wiederherstellung ihrer vollen Dienstfähigkeit kann in absehbarer Zeit [...] nicht mehr gerechnet werden. Unter diesen Umständen halte ich Sie daher nach pflichtgemäßem Ermessen für dauernd unfähig, ihre Amtspflichten zu erfüllen. Ich beabsichtige daher, Ihre Versetzung in den Ruhestand [...] einzuleiten...

Die Versicherung lehnte den Rentenantrag, bzw. eine Rentenzahlung dennoch ab und bestritt die Berufsunfähigkeit. Die Beurteilung des Amtsarztes, der Beamte sei dienstunfähig, sei falsch. Daraufhin verklagte der Beamte seine Versicherung.

Das Landgericht verurteilte die Versicherung zur Zahlung der monatlichen Rente i.H.v. 1.179,66 EUR und einer Nachzahlung i.H.v. 21.233,88 EUR.

Das Gericht begründete seine Entscheidung mit der im Versicherungsvertrag enthaltenen Beamtenklausel. Diese lautete: "Vollständige Berufsunfähigkeit liegt auch vor, wenn die versicherte Person als Beamter infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche ihrer körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist und wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt oder entlassen wird."

Diese Klausel verspreche dem Beamten einen "erweiterten Schutz" für den Fall der Dienstunfähigkeit. Aus Sicht des Beamten - und die Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers sei maßgeblich - sei diese Beamtenklausel so zu verstehen, dass die Versicherung "auf eine eigene Überprüfung der Dienstfähigkeit verzichtet und an die seitens des Dienstherren gewonnene Beurteilung, wie sie in der behördlichen Zurruhesetzungsverfügung zum Ausdruck kommt, anknüpft".

Denn nur so werde auch der Sinn und Zweck einer solchen Beamtenklausel erreicht, die Feststellung der Berufsunfähigkeit zu vereinfachen und Versorgungslücken zu vermeiden.

Diese Regelung enthält eine unwiderlegliche Vermutung vollständiger Berufsunfähigkeit, wenn der Versicherungsnehmer Beamter ist und allein wegen körperlicher Gebrechen oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte und nicht aus anderen Gründen in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden ist.

Aus dem amtsärztlichen Gutachten gehe auch ganz klar hervor, dass der Gesundheitszustand des Beamten Ursache für die Ruhestandsversetzung war, da es dort heiße: "Auffällig ist eine deutliche Antriebsminderung, die Stimmungslage ist erheblich in den depressiven Bereich verschoben, bei der Durchbewegung der Extremitäten imponieren diverse und diffuse Schmerzen. Der übrige Untersuchungsbefund ist weitestgehend unauffällig. Ausgeprägte psychische Minderbelastbarkeit bei depressiver Störung mit Somatisierungsneigung (F32.9). Trotz ambulanter und stationärer Behandlung konnte bei den als chronifiziert aufzufassenden Beeinträchtigungen keine durchgreifende Besserung erzielt werden. Die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit erscheint kein realistisches Ziel, aufgrund der Komplexität der Beeinträchtigungen kann ein Leistungsbild nicht erstellt werden."

Die Versicherung sei daher zur Zahlung verpflichtet.

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Veröffentlicht am

23.06.2016

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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