Das Landgericht Bremen hatte bereits 2004 über die Berufsunfähigkeit einer Busfahrerin zu entscheiden. Dabei ging es um die Frage, ob die Busfahrerin sich auf einen anderen Arbeitsplatz innerhalb des Verkehrsunternehmens verweisen lassen muss.

Der Klägerin war seit dem Jahr 1981 als Busfahrerin tätig. Zudem schloss sie im Jahr 2001 eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei der beklagten Berufsunfähigkeitsversicherung ab. Wenige Wochen nach Abschluss des Vertrags kam es zu einem Verkehrsunfall, bei dem die Klägerin schwere Verletzungen erlitt. Über ein Jahr war sie zu 100 % arbeitsunfähig. Anschließend nahm sie bei ihrem Arbeitgeber an Wiedereingliederungsmaßnahmen teil.

Sie ist bei ihrem Arbeitgeber seither im Innendienst beschäftigt, wo sie Fahrscheine verkauft. Als Busfahrerin hatte sie ein monatliches Nettoeinkommen von 1.485,23 Euro erzielt. Durch ihre jetzige Tätigkeit verdient sie netto in etwa 1.250 Euro monatlich. Der Verursacher des Unfalls trägt den überschießenden Verdienstausfall als Unfallschaden.

Die Klägerin begehrte nunmehr Leistungen ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese lehnte der Versicherer ab. Die Klägerin ist jedoch der Auffassung, es sei ihr nicht zumutbar, sich auf die Berufstätigkeit im Innendienst verweisen zu lassen. Auf einen Verdienstausfallschaden komme es insoweit nicht an, da der Berufsunfähigkeitsversicherer unabhängig von einer Einkommenseinbuße eintrittspflichtig sei. Zudem sei die neue Tätigkeit trotz der Ersatzpflicht des Unfallgegners mit einer spürbaren Einkommenseinbuße verbunden, da sie jetzt nicht mehr die Möglichkeit habe, durch Ableisten zusätzlicher Nacht- und Wochenenddienste ein höheres Einkommen zu erzielen. Außerdem sei die soziale Wertschätzung gesunken, da Busfahrer höheres Ansehen genießen würden.

Sie beantragte daher klageweise die Zahlung von Versicherungsleistungen.

Das Landgericht wies die Klage ab, machte jedoch deutlich, dass die Frage der Verweisungsmöglichkeit stets im Einzelfall exakt geprüft werden müsse und sich eine schematische Anwendung von Verweisungen verbiete.

Spürbare wirtschaftliche Einbußen seien durch die Klägerin hier nicht schlüssig dargelegt worden, da die Nachteile hier unter 16 Prozent liegen, was nach Auffassung des Gerichts nicht alleine für die Unzumutbarkeit einer Verweisung ausreiche. Dies müsse erst Recht dann gelten, wenn der Unfallgegner die Vermögenseinbußen insoweit trage.

Ebenso lasse der Vortrag der Klägerin nicht hinreichend erkennen, dass ihre neue Tätigkeit so spürbar geringere Anforderungen stellt und mit so deutlich geringerer Verantwortung verbunden ist, dass ihr diese Tätigkeit schlichtweg unzumutbar sei. Natürlich sei die Verantwortung für Leib und Leben der Fahrgäste zu berücksichtigen, eine solche Verantwortung trage aber jeder Teilnehmer am Straßenverkehr, ohne dass der Gesetzgeber dafür besonders hohe Anforderungen gestellt habe. Im Ergebnis müsse sich die Busfahrerin aufgrund ihrer vorhandenen Qualifikation, die nicht in erheblichem Maße hinter der jetzt ausgeübten Tätigkeit zurückbleibe, verweisen lassen.

Es bleibt jedoch festzuhalten, dass eine solche Beurteilung stets im Einzelfall zu erfolgen hat, wie es das Gericht auch deutlich machte. Kontaktieren Sie mich bei Fragen hierzu daher gerne.

Das Urteil ist rechtskräftig.

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Veröffentlicht am

13.09.2013

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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