Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat entschieden, dass die Tätigkeit eines angelernten Lageristen mit der früher ausgeübten Tätigkeit eines Stuckateurs (Gipser) nicht ohne weiteres vergleichbar ist. Eine Verweisung sei daher nicht möglich, sodass die Berufsunfähigkeitsversicherung zahlen müsse.

Im Jahr 1996 schloss der Kläger bei der Beklagten eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab. Die Parteien vereinbarten eine Lebensversicherungssumme von 30.000,00 DM mit einem dynamischen Beitrag und einer dynamischen Versicherungssumme. In der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung wurden eine Beitragsbefreiung und eine Rente in einer bestimmten Höhe für den Fall der Berufsunfähigkeit vereinbart. Bis Anfang 2003 übte der Kläger den Beruf eines Stuckateurs mit dreijähriger Berufsausbildung aus. Im Januar 2003 erlitt er jedoch zwei Bandscheibenvorfälle, infolge derer er nicht mehr in seinem erlernten Beruf tätig sein konnte. Die Beklagte erkannte daraufhin die Berufsunfähigkeit an und zahlte eine monatliche Rente in Höhe von 406,60 €.

Der Kläger absolvierte in der Folgezeit eine Umschulung zum Bürokaufmann, die er erfolgreich abschloss. Seit dem ist der Kläger im Bereich Auftragsannahme/Lagerist für ein mittelständisches Unternehmen tätig. Der Arbeitsvertrag war zunächst befristet. Nach mehrfachen Verlängerungen der Befristung ist der Kläger nunmehr in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis tätig. Nach Kenntnis dieser Umstände stellte die beklagte Versicherung die Zahlung der Leistungen jedoch ein und führte aus, dass sich der Kläger auf den Beruf des Lageristen verweisen lassen müsse. Hiergegen wandte sich der Kläger und bekam letztlich vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe Recht.

Die Versicherung führe vordergründig an, so das Gericht, dass nunmehr die ausgeübte Tätigkeit mit der früheren Tätigkeit als Stuckateur vergleichbar sei. Dies stimme jedoch nicht. Es komme insbesondere nicht auf die Frage eines vergleichbaren Arbeitsentgelts an. Für die Frage der Zumutbarkeit einer Verweisung sei nämlich nach den Versicherungsbedingungen entscheidend, dass sie seiner "bisherigen Lebensstellung" entspreche. Davon könne aber nicht ausgegangen werden. Maßgeblich sei hierbei zwar nicht die verkürzende Bezeichnung "Lagerist", sondern die tatsächliche Beschreibung der Tätigkeit. Zum Tätigkeitsprofil des Klägers gehöre insbesondere, dass er im Bereich der Auftragsannahme tätig sei. Dabei verrichte er Tätigkeiten, wie sie jeder einfache Mitarbeiter verrichten könne. Früher habe er hingegen Gipserarbeiten auf einer Baustelle selbstständig ausgeführt und alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten ebenfalls. Er sei in der Regel selbstständig für eine Baustelle verantwortlich gewesen, die ihm von seinem Arbeitgeber zugeteilt worden sei. Dabei sei ihm jeweils ein Hilfsarbeiter zugeteilt worden, dem gegenüber er weisungsbefugt gewesen sei.

Demnach entsprächen die nunmehr durchgeführten Tätigkeiten nicht seiner bisherigen Lebensstellung. Der Klage war damit stattzugeben. Der Kläger hat damit weiterhin Anspruch auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung.

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Veröffentlicht am

15.04.2013

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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