Das Oberlandesgericht Celle hat entschieden, dass in Ausnahmefällen ein selbständiges Beweisverfahren auf Feststellung der Berufsunfähigkeit auch bei streitigem Berufsbild durchgeführt werden kann. Dies kommt insbesondere bei schwerwiegenden Erkrankungen in Betracht, die jegliche Berufstätigkeit zu mindestens 50 % ausschließen.

Der Antragsteller unterhielt bei der Antragsgegnerin eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Dem Versicherungsverhältnis liegen unter anderem die Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zugrunde. Der Antragsteller ist Landwirt, wobei der genaue Umfang seiner Tätigkeit zwischen den Parteien streitig war. In der Folge beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Gewährung von Versicherungsleistungen aufgrund einer bei ihm diagnostizierten bipolaren Störung (manisch-depressive Erkrankung) . Das von der Versicherung eingeholte Sachverständigengutachten kam allerdings zu dem Ergebnis, dass es sich bei den vom Antragsteller ausgeübten Tätigkeiten nicht um solche mit hohen Anforderungen an Konzentration, Koordination schwieriger Arbeitsabläufe und Personalführung handele. Bei einer adäquaten und konsequenten Behandlung sei die Prognose keineswegs ungünstig.

Auf die Ablehnung der Versicherungsleistungen beantragte der Versicherer beim zuständigen Landgericht die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zur Feststellung der Berufsunfähigkeit.

Hierzu hat das Oberlandesgericht Celle dargelegt, dass der Durchführung eines auf Feststellung der Berufsunfähigkeit gerichteten selbstständigen Beweisverfahrens nicht entgegensteht, dass das vom Antragsteller - möglicherweise unvollständig - beschriebene Berufsbild vom Antragsgegner bestritten wird. Denn in Ausnahmefällen könne eine Berufsunfähigkeit schließlich auch ohne vorherige Feststellung des konkreten Berufsbildes positiv festgestellt werden, insbesondere bei schwerwiegenden Erkrankungen, bei denen der Versicherungsnehmer an einer beruflichen Tätigkeit jeglicher Art zu mindestens 50 % gehindert ist. Stehe aber zumindest die Möglichkeit einer generellen Berufsunfähigkeit des Antragstellers unabhängig von der konkreten beruflichen Tätigkeit im Raum, könne ihm das rechtliche Interesse an der Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens nicht abgesprochen werden.

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Veröffentlicht am

16.05.2012

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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