Das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen hat in einem aktuellen Urteil entschieden, unter welchen Voraussetzungen bei einer privaten Berufsunfähigkeitszusatzversicherung eine Nachprüfung der Berufsunfähigkeit zulässig ist und vom Versicherer verlangt werden kann.

Der im Jahre 1974 geborene Kläger unterhält bei einem Versicherer eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung, aus der er nach der Feststellung von chronischen Rückenschmerzen und einer Berufsunfähigkeit von 60% seit einiger Zeit monatlich 1.575,08 Euro erhält. Nach dem zugrundeliegenden Versicherungsvertrag würde die Zahlungsverpflichtung bei unverändertem Gesundheitszustand bis spätestens 30.04.2034 bestehen.

In einer Klausel des Versicherungsvertrages heißt es, dass der Versicherer dazu berechtigt ist, einmal im Jahr eine umfassende Prüfung durch entsprechende Ärzte zu veranlassen, in der festgestellt werden soll, ob die Berufsunfähigkeit weiter fortbesteht. Gegen diese Überprüfung hat sich der Kläger gewendet und dargelegt, dass eine Verbesserung seines Zustandes nicht zu erwarten sein, weswegen die Überprüfungsklausel eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 BGB darstelle und damit unwirksam sei.

Das Hanseatische Oberlandesgericht hat hierzu ausgeführt, dass es für eine Beurteilung immer auf den Einzelfall ankommt. Soweit tatsächlich unheilbare Krankheit vorliegt, wäre eine solche Überprüfung unangemessen und nicht zulässig. Im Fall des Klägers ging es jedoch um ein Rückenleiden, bei dem auch eine gesundheitliche Verbesserung - gerade vor dem Hintergrund zunehmenden medizinischen Fortschritts im Bereich der Orthopädie - möglich erscheint. Wenn man zudem die lange Leistungszeit bis zum Jahr 2034 mit in Betracht zieht, hat der Versicherer ein berechtigtes Interesse daran, eine solche Untersuchung durchzuführen. Das umso mehr, als laut Versicherungsvertrag eine Leistung bereits bei einem Grad der Berufsunfähigkeit von unter 50% gänzlich ausgeschlossen wäre, sodass schon eine geringe Verbesserung des Zustandes zu einem Leistungsauschluss führen würde.

Das Gericht sprach daher der Versicherung in diesem Fall einen Anspruch auf Untersuchung zu. Ein solcher besteht aber nicht in jedem Fall. Kontaktieren Sie mich bei Fragen gerne.

Hanseatisches Oberlandesgericht Bremen, Urteil vom 22.08.2011.


Kommentare

Rechtsanwalt David A. KöperRA Köper
11.07.2018, 16:54 Uhr

OLG Hamm, Urteil vom 24. November 2017 – I-20 U 194/16 – VersR 2018, 285: Will der Berufsunfähigkeitsversicherer seine Leistungen nach vorangegangenem Anerkenntnis einstellen, muss er die Tatsachen beweisen, aus denen sich die Gesundheitsbesserung ergeben soll. Beweismaß ist § 286 ZPO (Vollbeweis; hier: durch den Versicherer nicht geführt). Dieses Beweismaß gilt auch bei psychischen Erkrankungen [...] Der Anspruch des Klägers ist auch allein deshalb begründet, weil die ernste, dem Kläger nicht zumutbare Gefahr einer Dekompensation, also eines gesundheitlichen Zusammenbruchs, besteht. (vgl. etwa OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.01.2016 – 54 286/11 -, bei juris Langtext Rn. 48). Denn mit Blick auf die mögliche Wiedereingliederung des Klägers in das Berufsleben hat der Sachverständige H festgestellt, dass im Fall einer bestehenden Angststörung die Gefahr einer Dekompensation des Klägers besteht. Zu einem solchen "Rückfall" könne es im Fall einer Angststörung gut kommen (OLG Hamm, Urteil vom 24. November 2017 – I-20 U 194/16 –, Rn. 46, juris).

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Veröffentlicht am

20.11.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

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