Fast alle Berufsunfähigkeitsversicherungen enthalten Klauseln, nach denen der Verweis auf eine andere, einkommensschwächere Tätikeit möglich ist. Ein Verweis ist jedoch i.d.R. ausgeschlossen, wenn das Einkommen 20 % oder mehr unter dem versicherten Einkommen liegt. Der BGH hat nun im Falle eines Malers entschieden, dass auch Arbeitslosengeld zu berücksichtigen sein kann.

Geklagt hatte ein Mann, der im Jahr 2006 einen Skiunfall erlitt und aufgrund der erheblichen Verletzungen, die er sich dabei zuzog, arbeitsunfähig wurde und seinen Beruf als Maler nicht mehr ausüben konnte. Die Versicherung erbrachte daraufhin zunächst über mehrere Jahre die entsprechenden Versicherungsleistungen in Höhe von monatlich 525,96 Euro.

Als der Kläger eine Tätigkeit als Kaufmann im Einzelhandel in einem Geschäft für Malerbedarf aufnahm, verweigerte die Versicherung die weitere Erbringung von Leistungen. Sie berief sich dabei auf eine Klausel, nach der Leistungen nur zu erbringen waren, wenn das nunmehr erzielte Einkommen weniger als 20 Prozent des vorherigen Einkommens beträgt.

In der Klausel hieß es:

"Berufsunfähigkeit liegt nicht vor, wenn der Versicherte in zumutbarer Weise

a) eine andere Tätigkeit konkret ausübt, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung hinsichtlich Vergütung und sozialer Wertschätzung entspricht...

...In den drei zuvor genannten Fällen ist es nicht zumutbar, dass die Tätigkeit zu Lasten der Gesundheit geht oder dass das jährliche Einkommen 20% oder mehr unter dem Einkommen im zuletzt ausgeübten Beruf liegt."

Gegen die Verweigerung der Berufsunfähigkeitsleistungen klagte der Betroffene vor den Instanzgerichten und letztlich vor dem Bundesgerichtshof. Er machte geltend, dass die Bruttoeinkommen vergleicht werden müssten. Danach würde sich eine Differenz von über 20 Prozent ergeben, sodass er weterhin Leistungen erhalten müsse.

Der Bundesgerichtshof hat hierzu klargestellt, dass die Frage, ob ein Netto- oder Bruttovergleich vorzunehmen sei, nicht pauschal, sondern nur nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden sei. Die Regelung bezwecke die "Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse", sodass sich auch die Frage des Einkommens daran zu orientieren habe.

Weiter entschied der Bundesgerichtshof, dass der Kläger, der regelmäßig aufgrund saisonaler Arbeitslosigkeit auch Arbeitslosengeld I (ALG 1) bezog, sich auch diese anrechnen lassen müsse. Durch die Anrechnung des Arbeitslosengeldes war beim Kläger die prozentuale Abweichung von 20 Prozent nicht erreicht, sodass kein Anspruch auf fortlaufende Versicherungsleistungen bestand.

Beachten Sie: Diese Entscheidung ist eine Einzelfallentscheidung. Etwas anderes mag etwa beim Bezug von Arbeitslosengeld II ("Hartz 4") nicht nicht saisonabhängigem Arbeitslosengeldbezug gelten. Wenn Sie Fragen zur privaten Berufsunfähigkeitsversicherung haben, kontaktieren Sie mich gerne.

Foto: © iStockphoto.com/Adrian Brockwell


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Veröffentlicht am

19.03.2012

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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