Das Oberlandesgericht Stuttgart hat bereits vor Jahren entschieden, dass Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung auch dann bestehen können, wenn früherer Drogenkonsum (Marihuana) verschwiegen wurde. Entscheidend ist auch, ob Fragen nach Drogenproblemen und deren Behandlung korrekt gestellt wurden.
Der Kläger machte Ansprüche aus einer mit der Beklagten abgeschlossenen Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung geltend. Er zog sich bei einem Arbeitsunfall eine Schulterverletzung zu. Daraufhin erbrachte die beklagte Versicherung Versicherungsleistungen wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von insgesamt 65.981,10 €. Nachdem ihr jedoch bekannt wurde, dass der Kläger seinen bis Mitte der 1990er-Jahre praktizierten Marihuanakonsum nicht angegeben hatte, focht sie den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung an und forderte vom Kläger die Rückzahlung der gesamten Versicherungsleistungen.
Hiergegen wandte sich der Kläger vor den zuständigen Gerichten und bekam letztlich Recht.
Maßgeblich ist hier allen voran die Norm des § 16 Absatz 1 Satz 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Danach gilt das Verschweigen eines Umstands, nach welchem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, im Zweifel als erheblich für den Willensentschluss des Versicherers. Als Folge greift eine erklärte Anfechtung in einem solchen Fall durch.
Hier lag es aber anders. Dies sah auch das Gericht so. Es fehle nach dessen Auffassung schon an der Schriftlichkeit der Aussage. Hier habe der eingeschaltete Versicherungsmakler die Fragen lediglich vorgelesen und im Nachhinein die Unterzeichnung des Dokuments gefordert, ohne dass er dem Kläger die Zeit gegeben habe, sich die entsprechenden Fragen und von ihm gegeben Antworten noch einmal durchzulesen. Das Erfordernis der Schriftlichkeit so vielmehr nur gewahrt, wenn das Procdere einer sorgsamen, nicht unter Zeitdruck stehenden und ggf. durch klärende Rückfragen ergänzten Lektüre des Fragetextes gleichzusetzen sei.
Der Gericht sei zudem der Auffassung, dass die Gesundheitsfragen im Fragebogen, insbesondere im hier maßgeblichen Teil „Nahmen oder nehmen Sie Drogen, Betäubungs- oder Rauschmittel? Wurden oder werden Sie wegen der Folgen von Alkoholgenuss beraten oder behandelt?“ jedenfalls bei der nach Vorstehendem zu unterstellenden Art der Mitteilung dieses Teils des Formulars nicht hinreichend verständlich gewesen seien. Es hätte vielmehr auch aus dieser Frage und dem Fragekontext geschlossen werden können, dass sich diese Frage lediglich auf einen fixen Zeitraum in der Vergangenheit beziehe, da diese auch zuvor bei anderen Fragen eine Rolle spielte.
Zudem müsse beachtet werden, dass eine Fülle an Fragen, die direkt und ohne Pause nacheinander gestellt würden, stets zu einer Überforderung des Versicherungsnehmers führen müsse. Auch dies sei zu beachten, sodass insgesamt die Versicherungsleistungen zu erbringen seien.
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Foto: ©istockphoto.com/ Diego Cervo
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Veröffentlicht am
26.09.2012
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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26.04.2018, 17:02 Uhr
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