Das Sozialgericht Berlin hat in einer aktuellen Entscheidung dargelegt, wie bei Beitragsnacherhebungen im Rahmen der sog. Auffangpflichtversicherung der gesetzlichen Krankenversicherung zu entscheiden ist. Dabei kam es im Fall eines Architekten aus Berlin zu dem Ergebnis, dass mangels Kenntnis überwiegend nur eine reduzierte Beitragsnacherhebung möglich sei. Damit stärkte das Gericht die Rechte von Auffangpflichtversicherten.
Der Kläger ist von Beruf Diplom-Ingenieur und arbeitet seit 1990 freiberuflich als Ingenieur im Bereich Architektur sowie als Bausachverständiger. Bis Februar 2001 war er freiwilliges Mitglied der beklagten Krankenkasse. In der Zeit von März 2001 bis März 2007 war er nicht kranken- und pflegeversichert. Aufgrund der geringen Einnahmen aus der beruflichen Tätigkeit hatte er sich entschieden, dass Krankheits- und Pflegerisiko selbst zu tragen. Ohne dabei eigene Angestellte zu beschäftigen, arbeitet er seit Jahren in Bürogemeinschaft mit zwei ebenfalls selbständigen Architekten.
Im April 2009 erkundigte sich der Kläger bei der beklagten Krankenkasse nach der Möglichkeit der Wiederaufnahme einer Krankenversicherung und erhielt infolge des Telefongesprächs Unterlagen zur Anzeige der Pflichtversicherung nach § 5 Absatz 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch 5 übersandt. Der Kläger entschied sich, die Krankenversicherung erst ab Januar 2010 zu beginnen und übersandte die Anzeigepflichtversicherung entsprechend. Nachdem diese bei der Krankenkasse eingegangen war, versicherte diese den Kläger nicht nur ordnungsgemäß, sie erhob auch rückwirkend Beiträge (Beitragsnacherhebung). Zur Begründung führte sie aus, dass gemäß § 186 Absatz 11 Sozialgesetzbuch 5 die Mitgliedschaft der nach § 5 Absatz 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch 5 Versicherten mit dem ersten Tag ohne anderweitige Absicherungen im Krankheitsfall beginne, für den Kläger am 1. April 2007.
Hiergegen erhob der Kläger zunächst Widerspruch. Nachdem diesem nicht abgeholfen wurde, wandte er sich im Klagewege an das zuständige Sozialgericht Berlin.
Dies gab dem Kläger teilweise Recht und stärkte damit die Rechte derjenige, die nach § 5 Absatz 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch 5 in der Auffangversicherung pflichtversichert sind. Zwar sei eine Beitragsnacherhebung als solches nicht zu beanstanden. Allerdings seien diese für die Zeit vom 1. April 2007 bis 31. März 2009 zu ermäßigen, da der Kläger in diesem Zeitraum unverschuldet keine Kenntnis von der Versicherungspflicht hatte. Diese Kenntnis, so das Gericht, sei erst zu dem Zeitpunkt eingetreten, als sich der Kläger bei der beklagten Krankenkasse informierte und entsprechende Unterlagen zugesandt bekam. Problematisch ist, hier einen adäquaten Fahrlässigkeitsmaßstab zu finden und zu klären, ab wann der Kläger tatsächlich verschuldet Kenntnis von der Beitragspflicht hatte. Dies kann nur im Einzelfall geklärt werden. Hier kam das Gericht jedoch zu dem Ergebnis, dass ab April 2009 eine volle Beitragsnacherhebung rechtmäßig sei.
Für die übrige Zeit sei der Beitrag auf den Betrag zu ermäßigen, den freiwillig Versicherte hätten zahlen müssen.
Hinweis: Das Urteil ist hinreichend differenziert und folgt den gesetzgeberischen Wertung. Es dürfte jedoch schwer sein, den Sorgfaltsmaßstab im Einzelfall zu bestimmen. Hier bestehen aussichtsreiche Anknüpfungsmöglichkeiten rechtlicher Art, um die Höhe der Beitragsnacherhebung zu reduzieren. Kontaktieren Sie mich in Ihrem Fall gerne.
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Veröffentlicht am
27.03.2013
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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