Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat in einem aktuellen Verfahren entschieden, dass keine Sperrzeit eintritt, wenn ein Berufskraftfahrer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung wegen lediglich fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs ordnungsgemäß gekündigt wird.

Wird ein Arbeitnehmer aufgrund seines eigenen Fehlverhaltens gekündigt, so hat er grundsätzlich erst nach Ablauf einer sogenannten Sperrzeit Anspruch auf Arbeitslosengeld. Er wird also insoweit für sein eigenes Fehlverhalten (auch) sozialrechtlich sanktioniert. In diesem Fall ging es um einen Kraftfahrer, der bei einer Spedition beschäftigt war. Dieser wurde aufgrund fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c Absatz 1Nr. 2 b, Absatz 3 Nr. 2 Strafgesetzbuch verurteilt. Gleichzeitig wurde ihm die Fahrerlaubnis für die Dauer von neun Monaten entzogen.

Sein Arbeitgeber kündigte ihm daraufhin ordnungsgemäß aufgrund des zugrundeliegenden Arbeitsvertrages, die zuständige Behörde verweigerte aber die Zahlung von Arbeitslosengeld mit der Begründung, es liege ein Sperrzeittatbestand vor. Hiergegen richtete sich der Kläger, der letztlich in beiden Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit Recht bekam. Dabei stützte sich das Gericht vor allem auf § 144 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 3, nach dem zudem notwendig sei, dass die Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig vom Beschäftigten herbeigeführt wurde. Dies ist aufgrund der lediglich fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs, die rechtskräftig festgestellt wurde, nicht der Fall.

Aber Achtung: Ausdrücklich hat das Landessozialgericht darauf hingewiesen, dass bei einer fahrlässigen Trunkenheitsfahrt und einer damit verbundenen Strafbarkeit zum Beispiel nach § 316 Strafgesetzbuch dieses Kriterium nicht gelte, da jeder Autofahrer wissen müsse oder im Sinne grober Fahrlässigkeit wissen muss, dass eine Trunkenheitsfahrt in der Regel zum Verlust des Führerscheins führen wird (Bestätigung des Urteils des LSG Baden-Württemberg vom 25.02.2011).

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 08.06.2011.


Kommentare

Rechtsanwalt David A. KöperRA Köper
03.09.2020, 12:00 Uhr

Hier eine weitere Entscheidung eines Landessozialgerichts zur Sperrzeit bei Entzug der Fahrerlaubnis:

Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28. Januar 2016 – L 9 AL 189/13: Mit der Überschreitung der Schwelle von 18 Punkten im Verkehrszentralregister und dem damit einhergehenden Entzug der Fahrerlaubnis führt ein Berufskraftfahrer grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbei. [...] Der Kläger kann auch nicht damit gehört werden, dass die Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung durch den Druck des Arbeitgebers bzw. des Disponenten der Fa. E bedingt waren. Seine Privatfahrten waren ebenfalls wiederholt (z. B. am 04.04.2006, 13.07.2010 und 12.06.2010) durch nicht mehr geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitungen sowie mehrfach die verbotswidrige Nutzung von Mobiltelefonen gekennzeichnet.


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Veröffentlicht am

01.07.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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