Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat entschieden, dass die zuständige Behörde im Rahmen der Prüfung einer möglicherweise vorliegenden Sperrzeit auch arbeitsrechtliche Fragestellung in materieller Hinsicht zu prüfen hat. Ist danach eine Kündigung dem Grunde nach nicht rechtmäßig, so liegt auch keine Sperrzeit vor.

Wird ein Arbeitnehmer aufgrund seines eigenen Fehlverhaltens gekündigt, so hat er erst nach Ablauf einer sogenannten Sperrzeit Anspruch auf Arbeitslosengeld. Ob ein solches arbeitsvertragswidriges Verhalten jedoch vorliegt, ist anhand der einschlägigen arbeitsrechtlichen Normen sowie der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu klären. Sofern der Betroffene gegen die Kündigung selbst nicht vorgegangen ist, kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass tatsächlich ein arbeitsvertragswidriges Verhalten zur Kündigung geführt hat. Vielmehr ist von der zuständigen Behörde zu prüfen, ob nach arbeitsrechtlichen Kriterien die Kündigung tatsächlich rechtmäßig gewesen ist. Dabei ist sie an die materielle Rechtslage gebunden und muss insbesondere Fristen nicht beachten. Muss die Behörde dabei feststellen, dass die Kündigung vielmehr rechtswidrig ergangen ist, hat eine Sperrzeit für den Arbeitnehmer nicht zu erfolgen.

Das hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg jetzt für einen Fall entschieden, in dem ein Arbeitnehmer eines Getränkelieferanten in dessen Lager eine Dose Red-Bull® getrunken hatte und daraufhin gekündigt wurde.

Problematisch ist allerdings, wie es sich auswirkt, dass sich die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nach erfolgter Kündigung, aber vor Bestandskräftigkeit des Sperrzeitbescheides geändert hat. Im Rahmen von Diebstählen geringwertiger Sachen hat das Bundesarbeitsgericht früher angenommen, dass schon solche einen massiven Vertrauensbruch darstellen und eine Kündigung rechtfertigen. Heute sieht es das Gericht anders und stellt nunmehr die Frage in den Vordergrund, ob dem Arbeitgeber nach einer umfassenden, auf den Einzelfall bezogenen Prüfung und Interessenabwägung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses trotz der eingetretenen Vertrauensstörung zumutbar ist oder nicht. Das Landessozialgericht hat hier entschieden, dass dies dem Betroffenen nicht zum Nachteil im Rahmen der Sozialversicherung gereichen kann und die Änderung zu seinen Gunsten berücksichtigt. Diesbezüglich wurde jedoch die Revision zugelassen, sodass die Frage gegebenenfalls vom Bundessozialgericht erneut geklärt werden muss.

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11.05.2011.


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Veröffentlicht am

30.05.2011

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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