Das Bundessozialgericht hat im Dezember 2013 entschieden, dass Arbeitslose auch während einer stufenweisen Wiedereingliederung bei ihrem bisherigen Arbeitgeber Arbeitslosengeld beziehen können.

In dem entschiedenen Fall ging es um einen Maschinenbediener einer Druckerei, der krankheitsbedingt arbeitsunfähig wurde und zunächst bis zur Aussteuerung, d.h. 78 Wochen lang Krankengeld bezog. Sein Arbeitsvertrag wurde nicht gekündigt oder aufgehoben. Nach Einstellung des Krankengeldes meldete er sich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld, dass ihm zunächst bewilligt wurde.

Nach einiger Zeit wurde der Kläger vom Ärztlichen Dienst des Arbeitsamtes begutachtet. Danach hätte er noch mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben können.

Nach ca. 1 Jahr des Arbeitslosengeldbezuges begann der Kläger auf Empfehlung seines Hausarztes und eines ärztlichen Wiedereingliederungsplanes, dem der Arbeitgeber zustimmte, mit einer unentgeltlichen stufenweisen Wiedereingliederung. Er arbeitete zunächst ca. 2 Wochen 4 Stunden täglich und anschließend ca. 2 Wochen 6 Stunden täglich.

Das Arbeitsamt stellte daraufhin die Zahlung des Arbeitslosengeldes ein mit der Begründung, der Kläger sei für die Arbeitsvermittlung angeblich nicht „verfügbar“ und deshalb auch nicht arbeitslos.

Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 11 AL 20/12 R –, SozR 4-1300 § 48 Nr 29: Nimmt ein leistungsgeminderter Bezieher von Arbeitslosengeld eine Tätigkeit zur stufenweisen Wiedereingliederung auf, rechtfertigt dies nicht die Annahme, er [...] stehe den Vermittlungsbemühungen der Bundesagentur für Arbeit nicht weiter zur Verfügung. [...] Mit der auf dem ärztlichen Wiedereingliederungsplan und der daran anknüpfenden arbeitsrechtlichen Abrede beruhenden Tätigkeit ging keine Bindung des Klägers einher, die es ihm rechtlich oder praktisch unmöglich gemacht hätte, eine versicherungspflichtige Beschäftigung - neben oder anstatt der stufenweisen Wiedereingliederung, die er jederzeit ohne Angabe von Gründen hätte abbrechen können - aufzunehmen.

Nachdem sein Widerspruch gegen die Einstellung des Arbeitslosengeldes zunächst keinen Erfolg hatte, klagte er gegen das Arbeitsamt und gewann den Rechtsstreit in allen 3 Instanzen, d.h. vor dem Sozialgericht, dem Landessozialgericht und schließlich dem Bundessozialgericht.

Das Bundessozialgericht stellte fest, dass die Tätigkeit für einen Arbeitgeber im Rahmen einer planmäßig nach den § 28 SGB IX und § 74 SGB V stufenweisen Wiedereingliederung kein die Arbeitslosigkeit ausschließendes leistungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis begründet. Denn weder verpflichtet sich der Arbeitnehmer zur Erbringung einer fremdbestimmten Arbeitsleistung nach Weisung, noch verpflichte sich der Arbeitgeber zur Erbringung einer finanziellen Gegenleistung.

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Kommentare

Rechtsanwalt David A. KöperRA Köper
03.04.2018, 10:19 Uhr

Ein solches, vervollständigtes und vom behandelnden Arzt sowie dem Arbeitgeber gestempeltes und unterzeichnetes Formular zur Wiedereingliederung (Wiedereingliederungsplan) sollte dem Arbeitsamt vorgelegt werden. Wenn Ihnen gegenüber behauptet wird, während einer Wiedereingliederung könne kein Arbeitslosengeld bezogen werden, weil hierfür die Krankenkasse zuständig sei, weisen Sie darauf hin, dass das Bundessozialgericht entsprechend entschieden habe und bitten Sie, dass Ihnen ein "rechtsmittelfähiger Bescheid" über die Ablehnung des Arbeitslosengeldes ausgestellt wird. Sollte dies geschehen, können Sie hiergegen Widerspruch erheben und ist zu empfehlen, sich anwaltlich vertreten zu lassen.

W.
01.02.2022, 14:15 Uhr

Wie ist das, muss ich das Arbeitsamt über eine mögliche Wiedereingliederung informieren? Hatte mein Arbeitgeber den Wiedereingliederungsplan vorgelegt-daraufhin sollte ich zum Betriebsarzt. Dann zum Wiedereingliederungsgespräch im Betrieb - usw. -nun meine Frage: Da sich bis heute nichts getan hat, muss ich das Arbeitsamt über diese geschichte Informieren - oder erst wenn ich die wiedereingliederung beginne? Mein Arbeitslosengeld endet zum 02.03.2022.

Rechtsanwalt David A. KöperRA Köper
01.02.2022, 16:58 Uhr

Vielen Dank für Ihren Beitrag. Wenn der Wiedereingliederungsplan vom Arbeitgeber genehmigt, d.h. unterzeichnet wurde, leiten Sie diesen unverzüglich an die Arbeitsagentur weiter. Ich wünsche Ihnen alles Gute!

T.
30.04.2025, 14:24 Uhr

Hallo, befinde mich aktuell in der Wiedereingliederung. So wie sich die Sachlage darstellt, werde ich aus psychischen Gründen (auch der Grund meiner Erkrankung) nicht mehr im Unternehmen bleiben können und ich befinde mich auch nicht mehr allzuweit entfernt vor Ablauf der 78 Kalenderwochen. Ich frage mich nur gerade wie sich das Arbeitslosengeld berechnet. Nimmt das Arbeitsamt mein Gehalt vor meiner Erkrankung oder mein Krankengeld zur Berechnung des Arbeitslosengeldes? Vielen Dank!

Rechtsanwalt David A. KöperRA Köper
30.04.2025, 14:37 Uhr

Herzlichen Dank für Ihren Beitrag. Sollte Ihr Wiedereingliederungsversuch nicht gelingen und Sie unmittelbar nach dem Ende Ihres Krankengeldbezugs Arbeitslosengeld beantragen müssen, wird das ALG auf Grundlage Ihres letzten regulären Gehalts/Arbeitsentgelts (vor Beginn des Krankengeldbezugs) berechnet. Der sog. "Bemessungsrahmen" wird verschoben, siehe § 150 Sozialgesetzbuch 3. Im Internet finden Sie übrigens auch Arbeitslosengeldrechner zur Probeberechnung. Ich wünsche Ihnen alles Gute. MfG RA Köper


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Veröffentlicht am

29.10.2014

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

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