Das Oberlandesgericht München hatte zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch eines behinderten Wohnungseigentümers gegen die anderen Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft auf Duldung des Einbaus eines Treppenliftes besteht.

Der Antragsteller leidet unter einer mild verlaufenden Form von spinaler Muskelatrophie. Im Schwerbehindertenausweis sind die Merkmale aG sowie ein Grad der Behinderung von 80 festgestellt. Er ist Wohnungseigentümer in einer Wohnanlage in München. Ihm gehört gemeinsam mit seiner Frau eine Wohneinheit im ersten Obergeschoss des Hauses. Auf einer Wohnungseigentümerversammlung stellte er den Antrag, aufgrund seiner zunehmenden Beschwerden beim Treppensteigen einen entsprechenden Treppenlift einbauen zu lassen.

Der Antrag wurde abgelehnt, da es an der notwendigen Einstimmigkeit des Beschlusses fehlte. Nunmehr begehrt der Antragsteller gerichtlich eine entsprechende Gestattung eines Einbaus des Treppenlifts.

Hierzu hat das Oberlandesgericht ausgeführt, dass eine solche Verpflichtung der übrigen Eigentümer grundsätzlich denkbar ist. Eine solche Maßnahme könne sogar ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer durchgeführt werden. Allerdrings nur dann, wenn sie deren Rechte bei einem geordneten Zusammenleben nicht über das unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtige.

Die Frage, ob eine Beeinträchtigung vorliege, verlange eine Abwägung der beiderseitigen Interessen der Verfahrensbeteiligten. Dabei seien die beiderseits grundrechtlich geschützten Interessen abzuwägen. Auf Seiten des Antragstellers sei das Recht auf barrierefreien Zugang zur Wohnung gegenüber dem Recht der übrigen Wohnungseigentümer auf ungestörte und uneingeschränkte Nutzung des Treppenhauses zu beachten. Bei dem Recht auf barrierefreien Zugang komme es maßgeblich auf den Grad der Gehbehinderung des Betroffenen an. Je schwerwiegender die Gehbehinderung und die damit verbundene Beeinträchtigung seien, desto eher müssten die Interessen der Antragsgegner auf eine ungestörte und uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeit des Treppenhauses zurückweichen.

Im vorliegenden Fall reichte das Stadium der Beeinträchtigung nicht aus. Dies wird jedoch in vielen Fällen anders sein. Insbesondere kommt ein notwendiger Einbau eines Liftes dann in Betracht, wenn die Treppe vom Betroffenen nur unter erheblichem körperlichen Aufwand oder gar nicht mehr bewältigt werden kann. Kontaktieren Sie mich bei Fragen hierzu gerne.

Oberlandesgericht München, Urteil vom 22.02.2008.


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Veröffentlicht am

04.03.2012

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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