Das Landessozialgericht Hamburg hat schon 2012 entschieden, dass die gesetzliche 3-Monats-Frist für die Befreiung von der Krankenversicherung der Rentner zwingend auch dann gilt, wenn der Rentner nicht weiß, dass die Versicherung für ihn im Ausland faktisch nutzlos ist.

Der Kläger war seit 1965 bei der beklagten Versicherung krankenversichert. Im Jahr 2000 gab er seine versicherungspflichtige Tätigkeit auf, schloss eine Anwartschaftsversicherung bei der Beklagten ab und zog ins Ausland. Mit 65 Jahren (am 7. Juli 2007) beantragte der Kläger bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund) Regelaltersrente und erhielt dabei das Merkblatt zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) . Daraufhin erhielt er von der Beklagten einen Fragebogen sowie ebenfalls ein Merkblatt "Als Rentner T.-versichert". Mit ihrem Schreiben vom 19. Oktober 2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er nach ihrem Kenntnisstand den Wohnsitz ins Ausland verlegt habe. Der Versicherungsschutz beschränke sich in diesem Fall auf Sachleistungen.

Der Kläger stellte daraufhin am 09.11.2007 einen Befreiungsantrag nach § 8 Absatz 2 Sozialgesetzbuch 5. Diesen begründete er damit, er habe zwischenzeitlich erfahren, dass die Medical Card im Ausland nur von Krankenhäusern, nicht aber von Privatärzten akzeptiert werde. Da die Beklagte ihm nur die „deutschen Sätze ersetzen“ würde, wäre eine Mitgliedschaft für ihn nutzlos.

Sowohl den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht als auch der Widerspruch des Klägers wurden von der Beklagten abgelehnt. Auch der Gerichtsentscheid vom 21.07.2010 des Sozialgerichts Hamburg fiel für den Kläger nachteilig aus.

Dagegen legte der Kläger Berufung ein. Diesen begründete er damit, er habe erst durch das Schreiben der Beklagten vom 19. Oktober 2007 erkenne können, dass faktisch annähernd kein Versicherungsschutz bestehe und daraufhin unverzüglich den Befreiungsantrag gestellt. Die Beklagte habe ihre Beratungspflicht verletzt. Sie hätte ihn zumindest darüber informieren müssen, welche Leistungen sie bei einem Wohnortswechsel ins Ausland nicht mehr erbringen würde.

Auch die Berufung wurde am 03 September 2012 vom Landessozialgericht Hamburg abgewiesen.

Dies begründete das Gericht damit, dass die dreimonatige Frist nach § 8 Absatz 2 SGB V nicht eingehalten wurde. Dabei sei unerheblich, ob als Fristbeginn die Antragstellung oder der Rentenbeginn zugrunde gelegt werde.

Auch eine sogenannte "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" nach § 27 Absatz 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch 10 sei nicht zu gewähren. Der Kläger sei hinreichend über die Befreiungsmöglichkeit informiert worden. Dies sei zum einen durch das Merkblatt erfolgt, welches der Kläger bei Rentenantragstellung bekommen habe, und zum anderen durch das von der Beklagten übersandte Merkblatt. Dass der Kläger sich über die Vorteile eines Befreiungsantrages in seiner konkreten Lebenssituation im Unklaren gewesen sein mag, stelle keinen Wiedereinsetzungsgrund dar. Nachträglich gewonnene Erkenntnisse rechtfertigen eine Wiedereinsetzung grundsätzlich nicht.

Aus denselben Gründen läge auch kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch wegen eines Beratungsfehlers der Beklagten vor.

Grundsätzlich könne von der beklagten Versicherung nicht erwartet werden, dass sie Kenntnisse über die Versorgungsstrukturen im konkreten Ausland habe. Da der Kläger bereits seit 2000 dort lebe, seien von ihm die besseren Kenntnisse zu erwarten.

Auch dass die Beklagte den Kläger erst verspätet über die reduzierten Leistungen informiert habe, sei kein schlüssiges Argument. Der Kläger habe genau aus diesem Grunde im Jahre 2000 die Mitgliedschaft bei der Beklagten gekündigt, so dass er von den Versorgungslücken gewusst haben müsse.

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Veröffentlicht am

28.11.2014

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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