Das Bundessozialgericht hat entschieden (Urteil vom 9. Mai 2009 B 8 SO 8/08 R), dass beim Zusammenleben einer über 65jährigen Mutter mit ihrem 36 jährigen Sohn nicht zwangsläufig eine Einsatzgemeinschaft anzunehmen ist. Die Grundsicherung für die Mutter darf demnach nicht einfach gekürzt werden.

Die im Jahre 1940 geborene Klägerin lebte bei ihrem 1969 geborenen Sohn. Beide bezogen zunächst bis Ende Mai 2005 Regelleistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II in Höhe von jeweils 345 Euro. Ab Juni 2005 erhielt die Klägerin, die im Laufe des Monats das 65. Lebensjahr vollendete, Leistungen der Grundsicherung im Alter (Sozialhilfe) nach dem SGB XII unter Berück­sichtigung eines Regelsatzes in Höhe von nur noch 276 Euro (80 vH des Regelsatzes einer allein­stehenden Person), weil sie mit ihrem Sohn nach Ansicht des Sozialamtes einen gemeinsamen Haushalt führte und deshalb eine Gesamtleistung von nur 180 vH statt wie zuvor im Rahmen des SGB II von 200 vH gerechtfertigt sei.

Mit einer Entscheidung vom 19. Mai 2009 hat der 8. Senat des Bundessozialgerichts ? B 8 SO 8/08 R ? das Urteil des Landessozialgerichts für die Zeit ab 9. Juni 2005 bestätigt; danach steht der Klägerin für diese Zeit im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ein Sozial­hilferegelsatz in Höhe von 100 vH zu. Das SGB II geht typisierend von prozentualen Abschlägen der Regelleistung nur innerhalb von Bedarfsgemeinschaften aus; nur insoweit können normativ Ein­sparungen auf Grund eines gemeinsamen Haushalts angenommen werden. Zwar kennt das SGB XII nicht das Rechtsinstitut der Bedarfsgemeinschaft; dieser vergleichbar ist jedoch im SGB XII die so genannte Einsatzgemeinschaft, innerhalb der wie bei der Bedarfsgemeinschaft Einkommen und Ver­mögen auch für andere einzusetzen ist. Die Klägerin und ihr Sohn bildeten jedoch weder eine Be­darfsgemeinschaft iS des SGB II noch eine Einsatzgemeinschaft iS des SGB XII. Unter Gleichheits­gesichtspunkten (Art 3 GG) ist es deshalb nicht gerechtfertigt, die Klägerin sozialhilferechtlich schlechter zu stellen als im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Nach beiden Gesetzen ist sie als Alleinstehende und im SGB XII als Haushaltsvorstand zu behandeln. Eine Reduzierung des Regelsatzes auf 80 vH ist nicht gerechtfertigt.

Quelle: Pressemitteilung des Bundessozialgerichts vom 19.05.2009.


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Veröffentlicht am

19.05.2009

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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