Das Sozialgericht Aachen hat bereits im April 2014 entschieden, dass das Merkzeichen RF auch bei einem GdB von weniger als 80 zuerkannt werden könnte, wenn die betroffene Person aus psychischen Gründen ständig nicht in der Lage ist, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen.

Der Kläger und Hartz 4-Empfänger begehrte die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichen „G“ (erhebliche Beeinträchtigungen der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) und „RF“ (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht). Zur Begründung seines Antrages führte er Kniebeschwerden, Hustenattacken, Schwindel und Depressionen an. In

In dem von dem Beklagten angeforderten versorgungsärztlichen Gutachten wurde eine Hörminderung beidseits mit einem Einzel-GdB von 30 sowie Funktionsstörungen der Psyche, der Wirbelsäule und der unteren Gliedmaßen, jeweils mit einem Einzel-GdB von 10 festgestellt. Der Beklagte stellte daraufhin einen Grad der Behinderung des Klägers von 30 fest.

Der Kläger legte erfolglos Widerspruch ein. Daraufhin erhob er Klage vor dem Sozialgericht Aachen.

In einem Teilvergleich einigten sich der Kläger und der Beklagte darauf, dass der Kläger auf das Merkzeichen G verzichtet und der Beklagte einen GdB von 70 feststellt.

Der Kläger trug vor, dass er zwar dank seiner Hörhilfen im Zwiegespräch verständigungsfähig sei, seine kommunikative Teilnahmefähigkeit bei Einwirken mehrerer Geräuschquellen jedoch schwinde. Dies sei eine typische Situation für öffentliche Veranstaltungen. Über den geschlossenen Teilvergleich hinaus beantragte der Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleiches „RF“ festzustellen.

Das Sozialgericht wies die Klage zurück.

Zwar läge ein Rechtsschutzbedürfnis trotz des Leistungsbezuges von Arbeitslosengeld II vor. Dadurch sei der Kläger zwar bereits vollständig von der Rundfunkbeitragspflicht befreit. Das Konzept des Sozialgesetzbuchs 2 sei jedoch auf eine vorübergehende Hilfebedürftigkeit gerichtet.

Bei dem Kläger lägen jedoch die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches „RF“ nicht vor. Bei dem Kläger sei lediglich ein GdB von 70 festzustellen, der einzig auf einer beidseits an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit beruhe. Zudem sei ihm eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen möglich.

Entscheidend sei allein die Möglichkeit der körperlichen Teilnahme, ggf. mit technischen Mitteln mit z.B. einem Rollstuhl und/oder mit Hilfe einer Begleitperson. Erforderlich sei, dass er ständig, d.h. allgemein und umfassend, vom Besuch ausgeschlossen sei. Er müsse damit praktisch völlig von der Teilnahme am öffentlichen Gemeinschaftsleben ausgeschlossen und an das Haus gebunden sein. Dies wäre bei dem Kläger nicht der Fall.

Ein Härtefall im Sinne der § 4 Absatz 6 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag läge nicht vor. Dies wäre der Fall, wenn z.B. ein GdB von weniger als 80 festgestellt worden sei, die betroffene Person jedoch insbesondere aus psychischen Gründen ständig nicht in der Lage sei, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen.

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Veröffentlicht am

06.05.2015

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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Der Artikel spiegelt die Rechtslage zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder. Die Rechtslage kann sich jederzeit ändern.

Urheber

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