Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass ein chronisches Wirbelsäulenleiden abhängig von seiner Funktionseinschränkung mit einem GdB zwischen mindestens 10 und 100 zu bewerten ist. Für die Bewertung kommt es auf unterschiedliche Erwägungen an.

Der Kläger war zuletzt als selbständiger Metallbauer tätig und dann arbeitslos. Mit entsprechendem Bescheid stellte der Beklagte nach gutachtlicher Stellungnahme eines Facharztes für Sozialmedizin einen Gesamt-GdB von 30 aufgrund einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nervenwurzelreizerscheinungen sowie chronischer Bronchitis fest. Einen Verschlimmerungsantrag des Klägers, der im Übrigen von jedem Betroffenen zu jedem Zeitpunkt gestellt werden kann, lehnte das zuständige Versorgungsamt nach Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme ab. Das Verfahren wiederholte sich, bis der Kläger letztlich Klage vor dem Sozialgericht erhob.

Das Sozialgericht wies die Klage ab. Die Berufung vor dem Landessozialgericht war auch erfolglos. Für weitere Verfahren können sich jedoch Betroffene die Ausführungen des Gerichts nutzbar machen. Dieses hat detailliert Stellung bezogen zur Feststellung des GdB bei chronischen Wirbelsäulenleiden. Der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden ergebe sich danach primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet hierbei die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. Sogenannte Wirbelsäulensyndrome (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie, sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) könnten bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Zu bewerten seien Wirbelsäulenschäden wie folgt stets im Einzelfall, wobei Unterstufen zwischen nur geringster Bewegungseinschränkung und schwerster Belastungsinsuffizienz oder gar kompletter Geh- und Stehunfähigkeit zu bilden seien.

Kontaktieren Sie mich bei Fragen zu Ihrem Fall gerne. Wir prüfen, ob in Ihrem Fall die Erreichung eines höheren GdB erfolgversprechend erscheint.

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Kommentare

Gerd Noffke
10.11.2014, 21:57 Uhr

Sehr geehrter Herr Köper. Durch einen schweren Unfall mit der Straßenbahn erlitt mein Sohn einen schweren Wirbelsäulenschaden. Ein Wirbelkörper mußte durch ein Implantat ersetzt werden. Daraus resultierent ist mein Sohn in der Bewegungsfähigkeit stark eingeschränkt. (teilweise versteifung der Wirbelsäule) Beim Grad der Behinderung ist er mit 40% eingestuft worden. Ist diese Einstufung korrekt? Wir hatten mit 50-70% gerechnet. Wie kann ich verfahren wenn die Einstufung nicht richtig ist? Mit freundlichen Grüßen Gerd Noffke

F.
28.03.2019, 17:51 Uhr

Sehr geehrter Herr Köper, im Oktober 2018 habe ich gegen einen Bescheid des Versorgungsamts (GdB 40 für Schwerhörigkeit und Nierenleiden) Widerspruch eingelegt. Anschließend habe ich im November einen Änderungsantrag wegen bisher noch nicht erfasster Wirbelsäulenschäden gestellt. Jetzt erhielt ich einen Teil-Abhilfebescheid: weiterhin GdB 40 (nun für alle drei Bereiche) und eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit. Damit könne ich einverstanden sein, oder nicht, dann würde ein Widerspruchsbescheid erlassen. Außerdem wird mir mitgeteilt, dass mit diesem Teil-Abhilfebescheid auch über meinen Änderungsantrag entschieden wurde. Ist das okay, dass über meinen Widerspruch und meinen anschließenden Änderungsantrag in einem "Aufwasch" entschieden wurde? Müsste nicht auf meinen Änderungsantrag ein Extra-Bescheid mit einer erneuten Möglichkeit des Widerspruchs ergehen? Dieser entfällt ja in der jetzigen Konstellation - mir würde nur die Klage vor dem Sozialgericht bleiben. Der nachträgliche Änderungsantrag hatte mit dem Widerspruch nichts zu tun. Handelt es sich um einen Formfehler oder ein Versäumnis des Versorgungsamts? Freundliche Grüße, F.

Rechtsanwalt David A. KöperRA Köper
02.04.2019, 13:38 Uhr

Sehr geehrter F. das Vorgehen der Behörde ist korrekt. Es handelt sich bei dem Bescheid, der während des Widerspruchsverfahrens auf Ihren Änderungs-, bzw. Neufeststellungsantrag ergangen ist, um einen sog. "Gegenstandsbescheid", d.h. einen Bescheid der kraft Gesetzes in das laufende Widerspruchsverfahren einbezogen wird. Wird nach § 86 Sozialgerichtsgesetz "während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet, unverzüglich mitzuteilen." Gegen etwaige im "Gegenstandsbescheid" enthaltene nachteilige Feststellungen ist dann in der Tat probates Rechtsmittel nicht der Widerspruch, sondern ggf. die Klage, sollte der Widerspruch im Übrigen mit Widerspruchsbescheid zurückgewiesen werden. Die Regelung soll verhindern, dass über im Kern dieselbe Angelegenheit mehrere Widerspruchs- und ggf. Klageverfahren parallel geführt werden (sog. Verfahrens- und Prozessökonomie). Deswegen alles "in einem Aufwasch", wie Sie sagen.


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Veröffentlicht am

27.05.2013

Autor

Rechtsanwalt David Andreas Köper aus Hamburg Rechtsanwalt David Andreas Köper

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