Immer wieder kommt es zum Entsetzen zahlreicher Rentenempfänger zu Rückforderungen in Höhe von mehreren tausend Euro. Es heißt dann: "Ihre Rente wird ab ... neu berechnet und nur noch in geminderter Höhe geleistet. [...] Die für die Zeit vom ... bis ... zu Unrecht gezahlten Leistungen in Höhe von ... EUR sind von Ihnen nach § 50 SGB X zu erstatten."

Die meisten Rentner sind bei schmalen Renten regelrecht geschockt von solchen Forderungen und Vorwürfen. Hintergrund ist dabei eine bis heute defizitäre Datenverarbeitung bei der Deutschen Rentenversicherung. Im Jahr 1998 - also nunmehr vor 22 Jahren - wurde die sog. Verordnung über die Erfassung und Übermittlung von Daten für die Träger der Sozialversicherung (Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung - DEÜV) erlassen. Diese dient dazu, allen Sozialversicherungsträgern und den Steuerbehörden die Beschäftigungsdaten von Arbeitnehmern zur Verfügung zu stellen. Das klappt auch einigermaßen. Seitdem erhalten alle Angestellten jährlich die allseits bekannten Meldebescheinigungen zur Sozialversicherung. Dort sind die Zeiten der gemeldeten Beschäftigung und des erzielten Arbeitsentgelts ausgewiesen. Die Beschäftigungsdaten werden von den Arbeitgebern seit über 20 Jahren jeden Monat den sog. "Einzugsstellen" (gesetzliche Krankenkassen) per EDV gemeldet. Von dort werden die Daten unter anderem auch der Deutschen Rentenversicherung weitergeleitet. Als Versicherter freut man sich, wenn die Beschäftigungszeiten und die Höhe des verdienten Arbeitsentgelts in den jährlichen Renteninformationen aufgeführt sind und denkt: "Alles ist gut". Doch weit gefehlt! Es kommt immer wieder zu massiven Rentenüberzahlungen, wenn Rentnerinnen oder Rentner neben dem Rentenbezug, z.B. von Witwen- oder Witwerrente, noch angestellt arbeiten.
Die Deutsche Rentenversicherung schafft es bis heute (seit 1998!) immer noch nicht, die Daten, die ihr von den Einzugsstellen übermittelt werden, so zu verarbeiten, dass erzielter Nebenverdienst automatisch bei der Rentenzahlung berücksichtigt wird.
So kommt es, dass Versicherte böse Überraschungen erleben, wenn sie von der Deutschen Rentenversicherung zur Rückzahlung von Rente i.H.v. mehreren tausend Euro aufgefordert werden, weil sie angeblich "grob fahrlässig" ihrer "Mitteilungspflicht [...] nicht beziehrungweise nicht rechtzeitig nachgekommen sind". Wie bitte, fragen sich die Rentner? Das kann doch nicht sein! Wenn hier jemand einer Pflicht "nicht rechtzeitig nachgekommen" ist, dann die Deutsche Rentenversicherung der Pflicht zur Anpassung der EDV. Man fragt sich auch, was der Bundesrechnungshof dazu sagt, dass es jährlich mutmaßlich zu Rentenüberzahlungen in sechs- oder siebenstelliger Höhe kommt, weil die EDV nicht abgestimmt ist.
Kein Mensch kommt auf die Idee, der Deutschen Rentenversicherung noch per Brief mitzuteilen, dass er als Angestellter arbeitet und Geld verdient, wenn diese Daten doch schon seit Jahren vom Arbeitgeber über die Einzugstelle der Deutschen Rentenversicherung gemeldet werden. Warum in aller Welt soll man einer Behörde etwas mitteilen, dass dieser offensichtlich (Meldebescheinigung, Versicherungsverlauf etc.) schon längst von dritter Seite gemeldet wurde. Da die Versicherten jährlich Milliarden an Rentenversicherungsbeiträgen zahlen, die nicht nur zur Rentenfinanzierung dienen, sondern auch der Finanzierung des Verwaltungsapparates einschließlich der EDV, dürfen sie auch erwarten, dass man dort imstande ist, diese innerhalb von 22 Jahren so zu programmieren, so dass Beschäftigungsdaten, die im Versicherungsverlauf landen, auch beim "Hinzuverdienst" berücksichtigt werden und entsprechend automatisch die Rente mindern und nicht erst mit einer Latenz von mehreren Jahren. In dieser Hinsicht zeigt sich leider wieder einmal die Rückständigkeit Deutscher Behörden bei der Digitalisierung. Betroffenen kann nur geraten werden, gegen Vorwürfe der "groben Fahrlässigkeit" bei Rückforderungen wegen angeblich unterlassener Meldung von Beschäftigungsverhältnissen rechtlich vorzugehen.
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Veröffentlicht am
19.05.2020
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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