Das Landessozialgericht Darmstadt hat in einem gerade veröffentlichten Urteil entschieden, dass ein an Multipler Sklerose erkrankter Lehrer, bei dem bisher lediglich ein GdB von 30 festgestellt wurde, aufgrund einer notwendigen Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen auf Lebenszeit verbeamtet werden kann.
Der an Multipler Sklerose erkrankte Lehrer war als Studienrat fünf Jahre als Beamter auf Probe beschäftigt. Bei ihm wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt. Nachdem aber nicht ausgeschlossen werden konnte, dass er vorzeitig dienstunfähig werden könnte, erfolgte eine weitere Beschäftigung lediglich im Angestelltenverhältnis. Aufgrund entsprechender Regelungen besteht die Möglichkeit, als Schwerbehinderter bereits bei einer prognostizierten Dienstfähigkeit von lediglich fünf Jahren Beamter auf Lebenszeit werden zu können. Insoweit begehrte der Lehrer, der Kläger dieses Verfahrens war, die Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen aufgrund seiner Erkrankung. Die Bundesagentur für Arbeit als zuständiger Träger lehnte den Antrag jedoch ab und führte zur Begründung aus, dass der Arbeitsplatz nicht gefährdet sei, da ja ein Angestelltenvertrag vorliege, der zudem unbefristet sei.
Sowohl das Sozialgericht als auch das Landessozialgericht gaben dem Kläger Recht und gaben der Klage statt.
Es sei, so das Landessozialgericht Darmstadt in zweiter Instant, hinsichtlich der Frage der Geeignetheit des Arbeitsplatzes auf die Tätigkeit als Lehrer im Beamtenverhältnis abzustellen. Es genüge nicht, dass der Kläger die Tätigkeit in irgendeiner Weise überhaupt ausüben könne. Es müssten auch regelmäßig die Besonderheiten des Arbeitsplatzes an sich und der Ausübungsmöglichkeit berücksichtigt werden. Ein Zustand ohne Diskriminierung sei hier erst dann erreicht, wenn auch der Kläger seine berufliche Tätigkeit, die grundsätzlich im Beamtenverhältnis ausgeübt wird, als Beamter auf Lebenszeit ausüben könne. Hierbei seien auch die hessischen Integrationslichtlinien zu beachten. Danach solle bei der Einstellung behinderter Menschen bewusst großzügig verfahren werden.
Die Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist rechtskräftig.
Kommentar: Das Urteil, das sich auf zahlreiche andere Erkrankungen und Behinderungen übertragen lässt, stärkt in erheblichen Maße die Rechte von Betroffenen. Die Entscheidung ist zu begrüßen, da sie in differenzierter Weise die Rechte und Pflichten des Klägers abwägt und zu einem ausgewogenen Ergebnis kommt. Kontaktieren Sie mich in Ihrem Fall daher gerne.
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Veröffentlicht am
17.07.2013
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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22.07.2013, 22:01 Uhr
Es darf nicht vergessen werden, dass eine Lebenszeitverbeamtung einem goldenen Käfig ähnelt. Berufswechsel und dergleichen sind nicht möglich. Insofern kann für den betroffenen Menschen jetzt noch nicht gesagt werden, ob dieser Sieg langfristig genießbar ist. LG Regina