Wie das Amtsgericht Hamburg-Harburg entschieden hat, steht einem behinderten Mieter ein Aufwendungsersatzanspruch für eine Hotelunterkunft oder eine Austauschwohnung zu, wenn der Vermieter keine geeignete Ersatzwohnung im Rahmen von notwendigen Modernisierungsmaßnahmen anbieten kann. Für ältere Menschen kommt insbesondere auch die Unterbringung in einem Seniorenheim in Betracht, ohne dass hierbei eine Anrechnung etwaiger Annehmlichkeiten erfolgt, die das Seniorenheim über den reinen Wohnraum hinaus anbietet.
Die Kläger sind Eheleute und leben seit über 35 Jahren in einer Mietwohnung, die der beklagten Vermieterin gehört. Die Miete beträgt einschließlich Vorauszahlungen auf Betriebs- und Heizkosten 481,02 EUR monatlich. Aufgrund eine Schlaganfalls ist der Ehemann seit einigen Jahren auf einen Rollstuhl angewiesen und erhält in der Wohnung erhebliche therapeutische Behandlungen, worüber die Vermieterin auch in Kenntnis gesetzt wurde. Als nunmehr umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen am Gebäude und innerhalb der Wohnungen des Hauses anstanden, zogen die Eheleute in ein nahegelegenes Seniorenheim, da die Vermieterin ihnen keine geeignete Ersatzwohnung anbieten konnte. Die hierdurch entstandenen Kosten, die die eigentliche Miete überstiegen, begehrten die Kläger sodann von der Vermieterin zurück. Nachdem sich diese weigerte, zu zahlen, erhoben sie Klage und erhielten letztlich vom Amtsgericht Hamburg-Harburg Recht.
Die Kläger stützten sich zunächst auf eine angeblich getätigte Zusage der Vermieterin, die Kosten übernehmen zu wollen. Insoweit konnten die Kläger ihrer Beweislast jedoch nicht genüge tun. Tatsächlich bestehe jedoch, so das Gericht, ein Anspruch aus § 554 Absatz 4 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf Übernahme der Kosten. Nach dieser Vorschrift könne der Mieter vom Vermieter - in angemessenem Umfang - Ersatz für Aufwendungen infolge von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen an der Mietsache verlangen.
Die Voraussetzungen hierfür lägen zudem recht unproblematisch vor. Fraglich sei einzig, ob die gemachten Aufwendungen auch angemessen seien. Die Angemessenheit richte sich dabei nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, aber auch der Wirtschaftlichkeit und den Lebensverhältnissen des Mieters. Insoweit sei zu klären gewesen, inwieweit die Nutzung des Gemeinschaftsraums des Seniorenheims, die Service- und Pflegeleistungen des Personals sowie die Nutzung des Verpflegungsangebots aus dem Anspruch herauszukürzen sei. Hier hat das Gericht deutlich gemacht, dass lediglich ersparte Aufwendungen hinsichtlich der Verpflegung zu einem Teil die Möglichkeit bieten, den Anspruch zu kürzen. Die Verpflegungskosten seien im Ergebnis nicht um mehr als 10 EUR pro Tag herauszukürzen. Richtig sei zwar, dass die Kläger trotz vorhandener Pantry-Küche in ihrem Appartement die Verpflegung in der Seniorenresidenz in Anspruch genommen hätten. Jedoch hielte es das Gericht nicht für angemessen und zumutbar, die Kläger für die Dauer ihres Aufenthalts in der Seniorenresidenz auf die ausschließliche Nutzung ihrer Pantry-Küche zu verweisen. Dies wäre auch anhand eines Vergleiches zu ihrer eigentlich zu nutzenden Wohnung angebracht.
Die Kosten waren folglich von der Vermieterin zu tragen.
Kommentar: Die Entscheidung bezieht sich aufgrund des konkreten Einzelfalls vor allem auf die Frage der Übernahme von Kosten für ein Seniorenwohnheim. Insbesondere bei jüngeren Menschen kommt aber auch die Unterbringung in einem Hotel oder einer kostengünstigeren, vom Betroffenen auszuwählenden Alternative in Betracht. Kontaktieren Sie mich in Ihrem Fall gerne.
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Veröffentlicht am
12.12.2012
Autor
Rechtsanwalt David Andreas Köper
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